Montag, 19. November 2012

Bedrohung - Ernstlichkeit der Tatankündigung

Der Tatbestand der Bedrohung und die Ernstlichkeit der Tatankündigung

Der Tatbestand der Bedrohung mag auf den ersten Blick nicht viel Angriffsfläche für die Strafverteidigung bieten, aber weit gefehlt. Hier zeigt sich mal wieder, wie man sich mit einer Einzelfallkauistik erfolgversprechend verteidigen kann.

Zum Sachverhalt: 

Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen eines Vergehens der Bedrohung. Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, nach dem Abbruch eines Telefongesprächs zwischen ihm und seiner Mutter aufgrund eines  Missverständnis einer Erzieherin, der er die Schuld für das entstandene Missverständnis gab, in momentaner Erregung den Telefonhörer vor die Füße geworfe nund wutentbrannt behauptet zu haben, die Erzieherin habe seiner Mutter „Scheiße erzählt”. Dabei fuchtelte der Beschuldgte mit der Faust vor ihrem Gesicht herum und schrie: „Ich schlag' Dich tot!”.

Ist der Tatbestand der Bedrohung erfüllt?

Das Amtsgericht Rudolstadt im schönen Thüringen hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt (Beschluss vom 9. 7. 2012 - 355 Js 15271/12).

Die Begründung:

Der Sachverhalt erfüllt keinen Straftatbestand.

Betrachten wir den Tatbestand der Bedrohung genauer:

Die Vorschrift schützt das Gefühl der Rechtssicherheit des einzelnen, namentlich sein Vertrauen in deren Fortbestand. Dabei muss eine bestimmte künftige Tat in Aussicht gestellt oder vorgetäuscht werden, die die Merkmale eines Verbrechens aufweist, auch wenn sie nicht schuldhaft begangen werden soll. Bloße Verwünschungen und Prahlereien genügen nicht. Und damit hat man schon den Aufhänger für die Entscheidung vom AG Rudolstadt.

"Unter Berücksichtigung des Gesamtgeschehens und des Umfeldes, der Eigenart der beteiligten Personen, der zwischen ihnen bestehenden Beziehung sowie des Anlasses der erfolgten Äußerung stellt die in momentaner Erregung ausgesprochene Drohung mit Totschlagen nach den gesamten Umständen des Falles nur eine prahlerische, großmäulige Redensart dar, die augenblicklicher Ausdruck des Zorns und des Unwillens des Angesch. nach einem vorausgegangenen, nach seiner Einschätzung unerquicklich verlaufenen Ferngespräch mit seiner Mutter war und aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsbeobachters nicht den Eindruck der Ernstlichkeit zu vermitteln vermochte, so dass die von ihm geäußerte Drohung, von welcher Angebereien, emotionale Entgleisungen und situationsbedingt ausgestoßene Beschimpfungen und Verwünschungen, durch die sich der Betr. mehr belästigt als „bedroht” fühlen sollte, zu unterscheiden sind, unter den gegebenen Umständen nicht als ernstlich gemeinte Inaussichtstellung einer Verbrechensverübung erscheint. Bei der sonach bereits nach der Art der Vornahme zu einer Störung des individuellen Rechtsfriedens ungeeigneten Handlung des Angeschuldigten handelt es sich vielmehr um jugendtümliche Groß- und Wichtigtuerei, die jugendlichem Übermut und somit den Antriebskräften der Entwicklung entsprang, und nicht um kriminelles Unrecht, so dass dem Geschehen hier von vornherein jegliche tatbestandliche Relevanz i.S. des § 241 StGB abzusprechen ist."

Fazit: Bei dem Vorwurf einer Bedrohung ist auf den Einzelfall abzustellen - selbst bei ausweglosen Formulierungen wie "ich schlag Dich tot" kann der Strafverteidiger im Einzelfall ein Hauptverfahren vor Gericht abwenden.


Rechtsanwalt Jan Marx
Pohl und Marx Rechtsanwälte

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