Dienstag, 27. August 2013

Jura mal einfach: Vorteilsnahme = Unreinheit und Unlauterkeit der Amtsausübung

Bis heute ist nicht abschließend geklärt, was eigentlich genau das Schutzgut der §§ 331 Strafgesetzbuch genau ist. Die Rechtsprechung bemüht Begriffe wie "Reinheit und Lauterkeit der Amtsausübung". Daneben dienen die § 331 ff. StGB dem Schutz des öffentlichen Vertrauens auf eben diese Lauterkeit bzw. Nichtkäuflichkeit von Diensthandlungen.

Die Literatur dagegen umschreibt das Schutzgut wie folgt: Das Schutzgut der Vorteilsnahme ist die Sachlichkeit der Amtsführung.

Auf den Punkt gebracht: Es handelt sich um einen komplexen Schutzzweck und es wird interessant sein, wie sich nunmehr das Landgericht Hannover im Hinblick auf Herrn Bundespräsident a.D. festlegt.

Pohl & Marx Rechtsanwälte
Fachanwälte für Strafrecht
Hohenzollerndamm 181
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Donnerstag, 22. August 2013

Zeit für eine Europäische Staatsanwaltschaft?

Der Artikel 86 des EU Arbeitsweisevertrags formuliert:

 (1) Zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union kann der Rat gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen ausgehend von Eurojust eine Europäische Staatsanwaltschaft einsetzen. Der Rat beschließt einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments. 
...
Mitte Juli diesen Jahres griff die Europäische Kommission dieses Thema auf und machte folgenden Vorschlag: 

Eingeführt werden soll eine Staatsanwaltschaft in einer dezentralen Organisation. Die jeweiligen regulären Staatsanwälte der Mitgliedsstaaten bilden das Grundgerüst, dazu gibt es einen (weisungsunabhängigen) Generalstaatsanwalt sowie diverse Vertreter. 


Die Bundesrechtsanwaltkammer und der Deutsche Anwaltverein üben in einer gemeinsamen Stellungnahme Kritik an diesem Vorhaben:

http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmen-deutschland/2013/juni/stellungnahme-der-brak-2013-11.pdf

Die Stellungnahme geht hier insbesondere auf die Tatsache ein, dass der verfahrensrechtliche Teil eines solchen Vorhabens weit hinter dem in Deutschland geltenden Standard der Sicherung von Beschuldigtenrechten zurück bleibe. Defizite bestünden so etwa im Hinblick auf das Recht zu Schweigen oder auf eine Verteidigerkonsultation.

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Mittwoch, 7. August 2013

Vorsicht beim Vorwegvollzug - immer wieder kommt es hier zu Problemen.

Unterbringungen in einer Entziehungsanstalt nehmen zu. Wir haben erst kürzlich einen Blick in statistische Auswertungen geworfen, die diese Annahme stützen. Damit kommt dem Vorwegvollzug nach und nach eine besondere Bedeutung zu.

Ein Blick in das Gesetz:

§ 67 StGB Reihenfolge der Vollstreckung
"...

 (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

..."
Sachverhalt:

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten und ordnete die Unterbringung gem. § 64 StGB an. Eine Entscheidung zum Vorwegvollzug unterblieb.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes äußerte sich wie folgt (4 StR 60/13):
"...

Zur Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe ist eine Prognose darüber notwendig, wie lange genau die Unterbringung in der Maßregel zur Durchführung der Therapie voraussichtlich erforderlich sein wird. Die Therapiedauer muss individuell festgelegt werden. Es genügt nicht, dass der Tatrichter nur eine Mindest- und eine Höchstdauer - also einen Zeitraum - prognostiziert

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat einen Vorwegvollzug der Strafe nicht angeordnet. Die Urteilsausführungen lassen nicht erkennen, ob die Strafkammer im Hinblick auf die Dauer der bereits vollzogenen Untersuchungshaft - gestützt auf die Anhörung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - ihrer Entscheidung eine präzise Prognose hinsichtlich der voraussichtlich notwendigen Dauer des Maßregelvollzuges zu Grunde gelegt hat. Es kann deshalb auch vom Senat nicht bestimmt werden, wie viel Strafe (einschließlich der anzurechnenden Untersuchungshaft) eventuell vorab zu vollziehen ist, bis exakt der Zeitpunkt erreicht sein wird, zu dem eine Halbstrafenentlassung möglich ist.

..."
Der Vorwegvollzug hat viele Facetten - rechtlich immer wieder eine Herausforderung für Gericht und Verteidigung.


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Dienstag, 6. August 2013

OLG Nürnberg: Gustl Mollaht kommt frei...sofort

Aus aktuellem Anlass:

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat entschieden, dass das Verfahren gegen Gustl Mollah wieder neu aufgenommen wird. Damit korrigierte das OLG die Entscheidung des Landgerichts Regensburg, das vor zwei Wochen die Wiederaufnahme des Prozesses gegen Mollath noch als unzulässig abgelehnt hatte. Damit ist das Urteil aus dem Jahre 2006 nicht mehr rechtskräftig, auch die Grundlage für die Unterbringung fällt weg.

Ein kleiner Auszug aus der Pressemitteilung des OLG Nürnberg:

"...
Der Senat stützt seine Entscheidung auf § 359 Nummer 1 der Strafprozessordnung (StPO). Danach ist die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens zulässig, wenn eine in der Hauptverhandlung zu Ungunsten des Verurteilten vorgebrachte Urkunde "unecht" ist. Unecht ist eine Urkunde dann, wenn sie auf einen Aussteller hinweist, von dem die Erklärung tatsächlich nicht stammt.

Als solche im juristischen Sinne "unechte Urkunde" wertet der Senat ein ärztliches Attest vom 3. Juni 2006. Dieses Attest wurde zwar von einem approbierten Arzt verfasst und ausgestellt, der zudem die zugrunde liegende Untersuchung persönlich durchgeführt hatte. Das Attest selbst nennt aber nur den Namen der Praxisinhaberin, so dass der Eindruck entstand, diese gebe ihre eigenen Feststellungen wieder. Durch übermäßige Vergrößerung der Urkunde könne zwar festgestellt werden, dass der Unterschrift ein Vertretungshinweis ("i.V.") beigefügt war. Auf dem Attest in Originalgröße sei dieser Zusatz aber weder für den Senat noch – soweit ersichtlich – für die Verfahrensbeteiligten im Ausgangsverfahren erkennbar gewesen. 
..."



Strafrecht und Statistik - kann auch spannend sein...so zum Beispiel: Wie viele Strafgefangene verkraftet Berlin?

Über Statistiken gehen die Meinungen auseinander. Da gibt es glühende Verehrer, die nie genug bekommen von Zahlen in vielen, vielen Tabellen. Andere wiederum gähnen schon nach wenigen Minuten. Im Folgenden mal ein paar interessante Statistiken zum Strafvollzug...bei Langeweile einfach weggucken.

Stichtag der Statistik war der 13. März 2013:

Zahlen zu den Justizvollzugsanstalten in Berlin:
  • Belegungsfähigkeit: 4.604
  • Tatsächliche Belegung: 3.779 
  • Davon Untersuchungshaft: 570
Zur Vollzugsdauer in der Freiheitsstrafe:
  • bis unter 6 Monate: 764
  • 6 Monate bis 1 Jahr: 608
  • mehr als 1 Jahr: 1.538 
  • davon Ersatzfreiheitsstrafe: 346
Zur Untersuchungshaft:
  • insgesamt: 570
  • 14 - 18 Jahre alt: 26
  • 18 bis unter 21: 65
  • 21 und darüber: 479
Wer Spaß an solchen Statistiken hat, sollte die Seite des statistischen Bundesamtes aufsuchen, da wimmelt es nur so von interessanten Auflistungen: www.destatis.de


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Montag, 5. August 2013

Zum 01.08.2013 hat sich § 31 BtMG geändert - "Kronzeugenregelung"

Der § 31 BtMG spielt in einigen Drogenverfahren eine gewichtige Rolle. Oftmals von der Staatsanwaltschaft groß angekündigt, von der Verteidigung regelmäßig als Nebendarsteller degradiert. Bei § 31 BtMG liegen die Nerven blank. Nunmehr gab es eine Änderung, die wir genauer betrachten wollen:

Das Gesetz ab dem 01.08.2013 im Wortlaut:
Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter 
1. durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder 
2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
Es wurde ein Passus eingefügt, wonach dem Täter § 31 BtMG nur dann zu Gute kommen kann, wenn er eine Tat nach den §§ 29 bis 30a BtMG offenbart, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht
 
Warum die Aufregung?
 
Nun, die Kronzeugenregelung des § 46b StGB hat zum 01.08.2013 eine Einschrämkung dahingehend erfahren, als dass nunmehr die Tat des Kronzeugen mit der Tat, zu denen er Angaben macht, im Zusammenhang stehen muss. Bislang war im § 46 StGB nicht erforderlich, dass die aufgeklärte oder verhinderte Tat im Zusammenhang mit der eigenen Tat des Täters steht. So konnte sich der Täter einer räuberischen Erpressung eine Strafmilderung sichern, wenn er Angaben zu einer Geldfälschung eines Dritten machte.
 
Mit der Änderung des § 31 BtMG wollte man dem Umstand entgegenwirken, dass jemand bei dem alten § 31 BtMG unter dem Eindruck des neuen 46b StGB auf die Idee kommt, dass jetzt kein Tatzusammenhang mehr gefordert wird.

In Anbetracht der bisherigen Btm - Rechtsprechung loderte hier aber kein Feuer, da bereits verlangt wurde, dass der Täter selbst einen eigenen Tatbeitrag an den aufgedeckten Taten geleistet haben muss.
 
Lange Rede, kurzer Sinn: Es bleibt alles beim Alten...

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Donnerstag, 1. August 2013

Ein Staatsanwalt auf Abwegen...?

Korrektes Verhalten der Staatsanwaltschaft?

Dem Strafverteidiger fällt in einer Ermittlungsakte folgender Vermerk eines Polizisten in die Hände:

+++ NUR INTERNER DIENSTGEBRAUCH +++ KEIN AKTENBESTANDTEIL +++

Beiden Beschuldigten soll laut Staatsanwalt mitgeteilt werden, dass beim Fernbleiben von der polizeilichen Vernehmung sofort ein Haftbefehl erlassen wird.

Wer an der Lösung interessiert ist, der möge sich melden.

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