Mittwoch, 7. August 2013

Vorsicht beim Vorwegvollzug - immer wieder kommt es hier zu Problemen.

Unterbringungen in einer Entziehungsanstalt nehmen zu. Wir haben erst kürzlich einen Blick in statistische Auswertungen geworfen, die diese Annahme stützen. Damit kommt dem Vorwegvollzug nach und nach eine besondere Bedeutung zu.

Ein Blick in das Gesetz:

§ 67 StGB Reihenfolge der Vollstreckung
"...

 (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

..."
Sachverhalt:

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten und ordnete die Unterbringung gem. § 64 StGB an. Eine Entscheidung zum Vorwegvollzug unterblieb.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes äußerte sich wie folgt (4 StR 60/13):
"...

Zur Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe ist eine Prognose darüber notwendig, wie lange genau die Unterbringung in der Maßregel zur Durchführung der Therapie voraussichtlich erforderlich sein wird. Die Therapiedauer muss individuell festgelegt werden. Es genügt nicht, dass der Tatrichter nur eine Mindest- und eine Höchstdauer - also einen Zeitraum - prognostiziert

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat einen Vorwegvollzug der Strafe nicht angeordnet. Die Urteilsausführungen lassen nicht erkennen, ob die Strafkammer im Hinblick auf die Dauer der bereits vollzogenen Untersuchungshaft - gestützt auf die Anhörung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - ihrer Entscheidung eine präzise Prognose hinsichtlich der voraussichtlich notwendigen Dauer des Maßregelvollzuges zu Grunde gelegt hat. Es kann deshalb auch vom Senat nicht bestimmt werden, wie viel Strafe (einschließlich der anzurechnenden Untersuchungshaft) eventuell vorab zu vollziehen ist, bis exakt der Zeitpunkt erreicht sein wird, zu dem eine Halbstrafenentlassung möglich ist.

..."
Der Vorwegvollzug hat viele Facetten - rechtlich immer wieder eine Herausforderung für Gericht und Verteidigung.


Pohl & Marx Rechtsanwälte
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