Mittwoch, 2. Juli 2014

Abrechnung im Strafverfahren: Zunächst Einstellung nach § 170 II StPO, dann Fortsetzung der Ermittlungen, Freispruch in der Hauptverhandlung...

Kostenrecht ist lästig, muss aber sein. Gehen wir von folgendem Sachverhalt aus: 

Sachverhalt:

Zunächst wird das Verfahren gegen den Mandanten nach § 170 Absatz 2 StPO eingestellt. Jeder weiß, dass das Verfahren wieder aufgenommen werden kann - wird es dann auch, Anklage folgt. Nunmehr landen wir vor Gericht, Hauptverhandlung findet statt. Es erfolgt aber ein Freispruch - Mandant und Anwalt wollen sich die Kosten festsetzen lassen. Darf ich als Verteidiger in diesem Zusammenhang eine zusätzliche Gebühr nach 4141 VV-RVG abrechnen? Argument: Das vorbereitende Verfahren ist nicht nur vorläufig eingestellt worden. In 4141 VV-RVG heisst es:
„Die Gebühr entsteht, wenn
1. das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird…”
Was sagt der Rechtspfleger? Nun ja, er setzt die Gebühr ab. Die Einstellung sei nicht rechtskräftig geworden, eine Hauptverhandlung sei damit auch nicht vermieden worden. Eine solche Gebühr könne von daher tatbestandlich nicht anfallen.

Jetzt äußert sich - nach einer Erinnerung - das Amtsgericht Tiergarten wie folgt:
"Die Einstellung nach § 170 Absatz II StPO ist eine „nicht nur vorläufige” im Sinne der Nr. 4141 VV-RVG, denn aus Sicht der einstellenden Behörde solle sie endgültig sein. Dass sie letztlich keinen Bestand hatte, sondern die Ermittlungen fortgesetzt wurden, ist insoweit unerheblich."
AG Berlin-Tiergarten, Beschluss vom 26.2.2014 - (257 Ds) 261 Js 2796/12 (54/13)
Fazit:

Die Bezeichnung "Gebühren-Winkel-Anwalt" sollte man sich durchaus gefallen lassen. Schließlich geht es allein um die konsequente Umsetzung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Was auch noch spannend ist: Die zusätzliche Gebühr kann in einem solchen Fall sogar ein zweites Mal anfallen. Wenn im gerichtlichen Verfahren erneut eingestellt oder das Hauptverfahren nicht eröffnet wird.

Pohl & Marx Rechtsanwälte
Fachanwälte für Strafrecht 
Hohenzollerndamm 181
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Führt eine Rechtsmittelbeschränkung automatisch zu einem Abschlag in der Strafzumessung?

Die Berufung im Strafverfahren hat so ihre Tücken. Als Strafverteidiger kann man durchaus der Versuchung unterliegen, eine Berufung auf den Rechtsfolgenauspruch zu begrenzen und mit einer "Geständnisfiktion" einen weiteren Abschlag in der Strafzumessung zu ergattern. Aber der Reihe nach. Gehen wir von folgendem Sachverhalt aus:

Sachverhalt:

Der Angeklagte beschränkt seine Berufung in einer Strafsache allein auf den Rechtsfolgenausspruch, d.h. er akzeptiert den Schuldspruch. Im Rahmen der Berufungshauptverhandlung könnte man darauf hoffen, dass nunmehr die Nichtanfechtung bzw. die nur beschränkte Anfechtung eines Urteils notwendigerweise erst bei einer erneuten Strafzumessung im Berufungsrechtszug Berücksichtigung finden kann. Hat man hier also eine rechtliche Lücke gefunden, die sich in der Regel immer positiv auf das Verfahren auswirkt?

OLG Jena, Beschl. v. 27.11.20131 Ss 89/13:

Der Beschluss vom OLG Jena setzt sich mit genau dieser Frage auseinander und stellt klar:
"Der bloße Umstand, dass der Angeklagte seine Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt (bzw. das Urteil selbst nicht angefochten) hat, darf im Rahmen der Strafzumessung nicht losgelöst von seinem sonstigen Prozess- und Einlassungsverhalten betrachtet und pauschal mit einem „umfassenden Geständnis“ gleichgesetzt werden."
Begründung:

Zunächst stellt der Senat fest: Richtig ist, dass ein Geständnis regelmäßig strafmildernd zu berücksichtigen ist, wobei dessen Gewichtung im Einzelfall allerdings von Zeitpunkt, Inhalt, ggf. daraus erkennbarer Unrechtseinsicht, aber auch der sonstigen Beweislage abhängt.

Für die Bewertung einer Rechtsfolgenbeschränkung kommt es maßgeblich darauf an, ob der Angeklagte sich auch inhaltlich zu der Tat bekennt. Inbesondere muss berücksichtigt werden, ob der Angeklagte bereits in erster Instanz geständig war – was in den Urteilsgründen mitzuteilen ist – oder ob er sich lediglich der Aussichtslosigkeit weiteren Leugnens bewusst geworden ist. Diese Vermutung liegt immer dann nahe, wenn überzeugende Gründe im erstinstanzlichen Urteil genannt werden.

Fazit:

Die Argumentation leutet ein, auch wenn manch ein Strafverteidiger es gerne anders sieht. Gerade im Hinblick auf die Systematik der Rechtsmittel käme es ansonsten zu inakzeptablen Ergebnissen: Der Angeklagte, der sich für eine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte (Sprung-)Revision entscheiden sollte, oder dem nur die Revision als statthaftes Rechtsmittel verbleibt, könnte zwangsläufig - wegen des dort beschränkten Prüfungsumfanges - nicht auf eine entsprechende strafmildernde Wirkung seiner Rechtsmittelbeschränkung hoffen.

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Montag, 23. Juni 2014

Strafrecht - Urteilsaufhebung wegen Darstellungsmängel

Das Gericht spricht den Mandanten frei, aus tatsächlichen Gründen. Grund für die Verteidigung, durchzuatmen? Nein, denn es kommt noch darauf an, das die Dartsellung im Urteil keine Mängel hat. 

So musste das Landgericht München einen deutlichen Hinweis des 1. Strafsenats hinnehmen, der einen Teilfreispruch wegen Darstellungsmängeln aufgehoben hat (BGH, Urteil vom 08.05.2014 1 StR 722/13)

Der 1. Senat äußert sich wie folgt:
"Wird der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, so müssen nach Mitteilung des Anklagevorwurfs im Urteil zunächst diejenigen Tatsachen festgestellt werden, die das Tatgericht für erwiesen erachtet. Erst auf dieser Grundlage ist in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die zur Verurteilung notwendigen Feststellungen nicht getroffen werden konnten...Nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht...Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht... 
Denn das Landgericht stellt nicht dar, von welchem Geschehensablauf es sich aufgrund einer würdigenden Gesamtschau des dargestellten Beweisertrags überzeugt hat..."
Fazit: 

Ruhe bewahren und das schriftliche Urteil abwarten. Andernfalls kommt man dem Mandanten gegenüber in Erklärungsnot.

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Strafbefehl: Beginn der Einspruchsfrist bei der deutschen Sprache nicht mächtigen Angeklagten

Auch das Strafbefehlsverfahren hat so seine Tücken - zugegeben, diese sind nicht besonders umfangreich, trotzdem muss man als Strafverteidiger gerade bei den Fristen aufmerksam sein. So musste sich nunmehr das Landgericht Stuttgart mit der Frage beschäftigen, wann denn eigentlich die Einspruchsfrist bei einem Strafbefehl beginnt, wenn der Angeklagte der deutschen Sprache nicht mächtig ist.

Landgericht Stuttgart, Beschluss vom 12.05.2014 - Az. 7 Qs 18/14:

Der § 37 Absatz 3 StPO ist im Strafbefehlsverfahren analog anzuwenden. Daher ist dem Angeklagten der Strafbefehl zusammen mit der Übersetzung zuzustellen, wenn ihm nach § 187 Absatz 1 und § 187 Absatz 2 GVG eine Übersetzung des Strafbefehls zur Verfügung zu stellen ist. In diesem Falle beginnt nach § 37 Absatz 3 StPO die Einspruchsfrist nicht vor Zustellung der schriftlichen Übersetzung zu laufen; eine Zustellung ohne schriftliche Übersetzung ist unwirksam. Der Mangel der unwirksamen Zustellung wird durch nachträgliche Zustellung der schriftlichen Übersetzung behoben mit der Folge des Beginns des Fristenlaufs.

Fazit:

Dieser Fall tritt öfter ein, als man denkt. Selbst wenn der Mandant dem Anwalt den Strafbefehl eigentlich "zu spät" vorlegt, sollte man diesen Aspekt bei auslänsdischen Mitbürgern immer im Auge haben.

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Freitag, 20. Juni 2014

Aussage gegen Aussage bei dem Tatvorwurf Vergewaltigung - BGH, 5. Strafsenat

Es ist bekannt, dass bei einer Aussage gegen Aussage Konstellation besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung zu stellen sind. Erforderlich ist eine sorgfältige Aussageninhaltsanalyse, eine genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der Aussage und Bewertung der Aussagemotive, sowie deren Konstanz.

Ganz so einfach ist es dann schlussendlich doch nicht, und die Strafverteidigung sollte sich nicht vollends auf diese besondere Aussage gegen Aussage Konstellation verlassen. Vielmehr muss man auch andere Beweiszeichen würdigen, da diese durchaus Einfluss haben können. Das zeigt jetzt auch ein Beschluss des 5. Strafsenats vom 19.05.2014 (5 StR 177/14).

"Angesichts einer Reihe von außerhalb der Aussage der Geschädigten liegenden Beweisanzeichen für eine durch den Angeklagten verübte Vergewaltigung lag hier entgegen der Auffassung der Verteidigung und des Generalbundesanwalts keine Konstellation vor, bei der allein Aussage gegen Aussage steht und deshalb zusätzliche Anforderungen an die Beweiswürdigung zu stellen sind. Die sehr sorgfältigen Erörterungen des Landgerichts zur Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten hätten jedoch auch diese Anforderungen erfüllt..."

Fazit: 

Ausreichend berücksichtigen muss man als Strafverteidiger auch die außerhalb einer Aussage liegenden Beweisanzeichen. Gegebenenfalls sollte man diese frühzeitig entkräften, sofern möglich. 

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Anforderungen an das Selbstleseverfahren

Im Protokoll der Hauptverhandlung wird festgestellt,  dass „die Schöffen von den genannten Urkunden Kenntnis genommen haben, die übrigen Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zur Kenntnisnahme“. 

Der 1. Senat äußerte sich dahingehend, dass dies den Anforderungen des Gesetzes nicht gerecht wird. Für Berufsrichter und Schöffen muss unterschiedslos die erfolgte Kenntnisnahme festgestellt werden:

"...dass Urkunden und sonstige Schriftstücke nur dann im Wege des Selbstleseverfahrens ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, wenn nach dessen Durchführung zu Protokoll festgestellt ist, dass die Mitglieder des Gerichts vom Wortlaut der Urkunden und/oder sonstigen Schriftstücke Kenntnis genommen haben und die übrigen Verfahrensbeteiligten hierzu Gelegenheit hatten."

BGH , Beschl. v. 5.2.2014 1 StR 706/13 LG Leipzig

Fazit: 

Der Teufel steckt im Detail. Das Selbstleseverfahren hat seine Besonderheiten, die regelmäßig durch die Verteidigung überprüft werden müssen. Hier gilt grundsätzlich: Ein Blick in das Protokoll der Hauptverhandlung ist Pflicht.


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Donnerstag, 19. Juni 2014

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln - wie ist eine Kuriertätigkeit zu bewerten?

Ein Beschluss des BGH vom 20.03.2014 (3 StR 375/13) hat sich mit diesem spannenden Thema auseinandergesetzt und deutlich Stellung bezogen. 

Sachverhalt:

Das Gericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen, davon in 15 Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. 

Der 3. Senat nahm dieses Urteil zum Anlass, nochmal die Unterscheidung Täterschaft und Teilnahme aufzugreifen und letztere an dem Sachverhalt zu erläutern.
"Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs gelten für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Für die rechtliche Einordnung der Beteiligung eines Kuriers an einem Rauschgiftgeschäft ist mithin auf dessen konkreten Beitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt abzustellen. Erschöpft sich die Tätigkeit eines Beteiligten allein im Transport von Betäubungsmitteln oder des Entgelts dafür, kommt dieser mit Blick auf das Umsatzgeschäft in der Regel keine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit zu. Insoweit kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob der Kurier hinsichtlich des Transports ein hohes Maß an Selbständigkeit und Tatherrschaft innehat, denn auch bei faktischen Handlungsspielräumen insoweit wird das Handeln des Kuriers zumeist nur eine untergeordnete Hilfstätigkeit darstellen und deshalb als Beihilfe zu werten sein."
Dieser Beschluss ist deshalb interessant, da er ganz konkret einen Themenbereich anspricht, der oftmals zur Begründung der Täterschaft herangezogen wird: das hohe Maß an Selbständigkeit und Tatherrschaft bei einer Kuriertätigkeit. Letztendlich kann dieser Umstand sehr wohl als untergeordnete Tätigkeit gewertet werden.

Fazit: 

Im Rahmen der Strafverteidigung sollte man einen genauen Blick auf die einzelne Tätigkeit des Kuriers werfen und analysieren. Auch wenn man ein hohes Maß ein Eigenverantwortlichkeit vorfindet, darf man nicht die Flinte ins Korn werfen, sondern vielmehr die Tätigkeit an sich klassifizieren.

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Mittwoch, 18. Juni 2014

Aus aktuellem Anlass: Hauptverhandlung...Ausbleiben des Angeklagten...Entschuldigung

Wenn es zu einer öffentlichen Hauptverhandlung kommt, so hat manch ein Mandant mit plötzlicher Überkeit oder ähnlichem Unbehagen zu kämpfen. Deshalb hört man auch oft die Frage: "Wenn ich nun krank werde, wie soll ich mich verhalten?"

Da wir gerade heute wieder eine nette Diskussion mit einer Geschäftsstelle bei Gericht hatten, nehmen wir das zum Anlass, uns diesen Sachverhalt näher anzuschauen:

Ausgangspunkt ist ein Haftbefehl nach § 230 Absatz 2 StPO, Ausbleiben des Angeklagten.

Hierzu ein interessanter Beschluss des Landgericht Aurich (12 Qs 5/11):

Maßgebend für die Frage ausreichender Entschuldigung ist, ob dem Angeklagten wegen seines Ausbleibens nach den Umständen des Einzelfalls billigerweise ein Vorwurf gemacht werden kann. Es muss vor allem auch in subjektiver Hinsicht eine Pflichtverletzung gegeben sein. Insoweit entschuldigt - wie hier - eine Krankheit das Ausbleiben des Angeklagten, wenn sie nach Art und Auswirkungen eine Beteiligung in der Hauptverhandlung unzumutbar macht. Zur Glaubhaftmachung genügt ein zeitnahes privatärztliches Attest, nach welchem der Angeklagte wegen einer näher bezeichneten Krankheit nicht reisefähig ist bzw. das konkrete Angaben über die Art der Erkrankung enthalten muss.

Dies ist hier der Fall. In der dem Gericht vorgelegten ärztlichen Bescheinigung vom 29.12.2010 wird dem Angeklagten ein hochfieberhafter Infekt mit Kreislaufstörungen attestiert, die eine Bettlägrigkeit und Reiseunfähigkeit zur Folge hat und eine Wahrnehmung des Termins am 03.12.2010 unmöglich macht. Eine Anreise unter diesen Umständen wäre für den Angeklagten unzumutbar gewesen bzw. sein Ausbleiben ist ihm nicht vorzuwerfen.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Angeklagte auf diese Weise bereits zum ersten Hauptverhandlungstermin nicht erschienen ist. Wenn das Gericht insoweit das vorgelegte ärztliche Attest nicht für ausreichend hält oder diesem misstraut, hätte es zunächst dessen Ergänzung oder im Freibeweisverfahren eigene Ermittlungen dazu anstellen müssen, ob die vorgetragenen Gründe ein Ausbleiben ausreichend entschuldigen. Da aber auch in der Beschwerdeinstanz keine (weiteren) Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Entschuldigung bloß vorgetäuscht war, bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit des Attestes.

Auch die Tatsache, dass dem Angeklagten seine Verhandlungsunfähigkeit schon wenige Tage vor dem Termin bekannt war, rechtfertigt nicht den Erlass eines Haftbefehls. Da es nämlich auf die wirkliche Sachlage ankommt und nicht auf das Vorbringen des Angeklagten, ist es unerheblich, ob der Angeklagte den Entschuldigungsgrund schon früher hätte mitteilen können. Die erst im Termin erfolgte Mitteilung der Verhandlungsunfähigkeit stellt insoweit kein vorwerfbares Verhalten dar, an das das Gesetz in § 230 Abs. 2 StPO den Erlass eines Haftbefehls anknüpft.
Der Beschluss eignet sich gut, kurz in die vorgenannte Problematik einzutauchen und benennt wichtige Anhaltspunkte für das Vorgehen bei einer Erkrankung.

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Verlesung der Anklageschrift - Teil 2

Wir haben in einem unseren letzten Beiträge über die Verlesung der Anklageschrift im Zusammenhang mit einen angedachten Selbstleseverfahren geschrieben. Dazu hat uns ein Kommentar erreicht, welches wir in diesem Zusammenhang gerne erwähnen möchten. Es gibt hier noch die interessante Ausführung des großen Senats für Strafsachen BGH GSSt 1/10 - Beschluss vom 12. Januar 2011 (LG Mannheim):

Hier wird ausgeführt:
"In Strafverfahren wegen einer Vielzahl gleichförmiger Taten oder Tateinzelakte, die durch eine gleichartige Begehungsweise gekennzeichnet sind, ist dem Erfordernis der Verlesung des Anklagesatzes i.S.d. § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO Genüge getan, wenn dieser insoweit wörtlich vorgelesen wird, als in ihm die gleichartige Tatausführung, welche die Merkmale des jeweiligen Straftatbestands erfüllt, beschrieben und die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum sowie bei Vermögensdelikten der Gesamtschaden bestimmt sind. Einer Verlesung der näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder der Einzelakte bedarf es in diesem Fall nicht."
Wir selbst haben die Erfahrung gemacht, dass sich manche Gericht schwer tun, die Verlesung zu verkürzen. In den geeigneten Fällen sollte man aber als Strafverteidiger diese Möglichkeit in Betracht ziehen.

Wir bedanken uns für den nützlichen Hinweis, der uns über Twitter erreicht hat.

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Dienstag, 17. Juni 2014

§ 249 StPO - Selbstleseverfahren bei der Anklageschrift?

Als Strafverteidiger kennt man folgende Situation nur zu gut: Eine sehr umfangreiche Anklageschrift, bei deren Verlesung der Staatsanwaltnach nach gefühlten Stunden auf Seite 52 angelangt ist und die 32. Tabelle mit allen Zahlen, Nummern und Buchstaben vorliest. Die Anklage umfasst schlussendlich 90 Seiten.

Oftmals geht einem durch den Kopf: Darauf können wir doch verzichten...die Idee des Selbstleseverfahrens kommt auf...und mal ehrlich, wäre das nicht eine prima Sache?

Dazu folgende Entscheidung (1 StR 458/10):

Soweit die Revision rügt, dass bei der Verlesung der beiden – zugelassenen – Anklagesätze entgegen § 243 Absatz 3 S. 1 StPO einzelne Spalten oder Zeilen darin enthaltener Tabellen nicht verlesen wurden, diese vielmehr in ein vor dem Abschluss der Vernehmung der Angeklagten zur Sache durchgeführtes Selbstleseverfahren gegeben wurden, bleibt ihr der Erfolg versagt.

Der Senat hat ausgeschlossen, dass das Urteil hierauf beruht, da der Zweck der Verlesung des Anklagesatzes nicht beeinträchtigt wurde. Durch die verlesenen Teile der Anklagesätze waren die dem Angeklagten zur Last liegenden Taten hinreichend umgrenzt; das Verlesen der allgemeinen Schilderung der für alle Fälle gleichartigen Tatausführung ist hierzu ausreichend. Die Informationsfunktion gegenüber den Angeklagten und deren Verteidigern war gewahrt; diesen waren die Anklagen vollumfänglich zugestellt worden. Auch die Unterrichtung der Öffentlichkeit wurde – unbeschadet der Frage, wann andernfalls ein Urteil hierauf beruhen könnte – durch das Nichtverlesen einzelner, für das Verständnis der den Angeklagten zur Last liegenden Taten nicht erforderlicher oder förderlicher Einzelheiten nicht beeinträchtigt.

Fazit:

Wenn eine Abkürzung möglich ist, dann nur zu...Selbstleseverfahren für Anklageschriften sind aber nicht vorgesehen.

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Montag, 16. Juni 2014

Bandenbegriff im BtMG - Zeit zum Umdenken?

Als Strafverteidiger kennt man folgenden Sachverhalt nur zu gut:

Mehrere Personen (mehr als 3) fassen aus Angst vor gefährlichen Streckmitteln den Entschluss, von nun an ihren Eigenbedarf an Cannabis selbst zu oganisieren. Man entschließt, aus den Niederlanden Cannabissamen zu bestellen, die man in einer idyllisch gelegenen Waldlichtung versteckt anpflanzt und gemeinsam pflegen kann. Diverse Mal wird erfolgreich geerntet, dann schlägt jedoch die Polizei zu und stellt das Cannabis sicher. Die insgesamt mehreren Kilogramm Marihuana haben eine sehr schlechte Qualität und dienen ausschließlich dem Eigenkonsum.

Die Betroffenen sind sozial integriert, haben bisher ein vorbildliches Leben geführt.

Rechtsfolgen? 

Ganz einfach: Verurteilung wegen bandenmäßigen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln (zwei Mal in nicht geringer Menge) nach § 30a BtMG, § 30a Absatz 1 BtMG, § 30 Absatz 1 Nr. 1 BtMG – jeweils im minder schweren Fall – zu bedingten Freiheitsstrafen zwischen 15 und 18 Monaten. Großen Spielraum für vertiefende Erörterungen sah das Landgericht nicht, das Gesetz mache hier klare Vorgaben.

Revision zum BGH: Das Rechtsmittel wurde als offensichtlich unbegründet verworfen.

Fazit:

Als Strafverteidiger und Fachanwalt für Strafrecht darf man nicht aufhören, diese Situation kritisch zu hinterfragen. Eine tatbestandseinschränkende Auslegung scheint mehr als notwendig. Anknüpfungspunkt hierfür könnte die sogenannte Bandenabrede sein. Als Mindestvoraussetzung könnte gefordert werden, dass sich diese deliktische Vereinbarung zwischen den Bandenmitgliedern nicht nur auf irgendwelche Tathandlungen, sondern auf ein „Handeltreiben” i.S.d. § 29 Absatz I Nr. 1 BtMG beziehen muss.


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Mittwoch, 11. Juni 2014

Vorgelesene schriftliche Erklärung des Angeklagten - was wird Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung?

Immer wieder gerne diskutiert, deswegen nochmal erläutert:

Der Angeklagte bzw. dessen Verteidiger verlesen eine vorbereitete Erklärung. Was wird Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung?

Nicht der Wortlaut des Schriftstücks wird zum Inbegriff der Hauptverhandlung, sondern allein der Inhalt des mündlichen Vortrags. Dessen wesentliche Punkte hat das Tatgericht in den Urteilsgründen festzustellen. Allein diese Feststellungen sind Grundlage der revisionsgerichtlichen Prüfung.

Gibt es alternative Wege in der Strafverteidigung?

Anders liegt es nur, wenn der Wortlaut der schriftlichen Einlassung durch das Gericht im Wege des förmlichen Urkundsbeweises § 249 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt wird. Nur darauf hat der Angeklagte keinen Anspruch. Nur in diesem Falle wäre dem Revisionsgericht eine Kenntnisnahme des genauen Wortlauts des Schriftstücks und damit der Einlassung ohne unzulässige Rekonstruktion der Hauptverhandlung möglich.

Fazit:

Bei einer vorbereiteten Erklärung sollte die Verteidigung nicht davon ausgehen, dass alles automatisch dem Revisionsgericht vorliegt. Hier ist immer Vorsicht geboten.

Zur Vertiefung: BGH, Beschluss vom 29.03.2011 - 3 StR 9/11


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Dienstag, 3. Juni 2014

Strafrecht Revision: Bei der Verfahrensrüge einfach Akteninhalte einkopieren?

Viele Anwälte vertreten nach wie vor die Auffassung: Strafrecht kann mal eben so nebenbei bearbeiten, schließlich sei die Materie ja eigentlich ganz schlüddig und das Haftungsrisiko zudem gering.
 
So gibt es immer wieder interessante Fallgestaltungen, wie "einfach" man das Strafrecht machen kann - schade nur, dass das Gericht da nicht mitspielt...
 
Folgender Fall:
 
Mandant wird verurteilt. Rechtsanwalt legt Revision ein, Verfahrensrüge. Ganz einfach.
 
Im Gesetzestext heisst es dazu:

§ 344

Revisionsbegründung

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Wir wollen jetzt mal auf den § 344 Absatz 2, Satz 2 StPO schauen: Reicht es, wenn ein Anwalt die  Revisionsbegründungsschrift (über 50 Seiten) aus einkopiertem Akteninhalt einschließlich der Anklageschriften und eines vollständigen Urteils zusammenstellt?

OLG Brandenburg: Nein.

Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass eine Verfahrensrüge nicht den Anforderungen von
§
344 Absatz 2 Satz 2 StPO
genügt, wenn sie statt einer geschlossenen Sachdarstellung einkopierte Akteninhalte enthält.

Fazit: 

Ein Revisionsgericht macht sich nicht die Mühe, Verfahrensfehler und die sie begründenden Tatsachen aus einem zusammengestellten Aktenauszug herauszusuchen. Es bleibt bei dem "anstrengenden" Erfordernis einer umfassenden und geschlossenen Sachdarstellung.

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Freitag, 30. Mai 2014

Mängel in der Beweiswürdigung bei freisprechendem Urteil - § 261 StPO

Sachverhalt:

Der Angeklagte bestreitet im Rahmen der Hauptverhandlung die erhobenen Vorwürfe. Es gab eine Aussage genen Aussage Konstellation. Das Landgerichgt führte dazu aus:

Die Kammer habe die Aussage des Angeklagten „vor allem im Hinblick auf die Einvernehmlichkeit des Geschlechtsverkehrs“ nicht zu widerlegen vermocht. Der Aussage der Nebenklage habe nicht gefolgt werden können. Sowohl zum Tatgeschehen selbst als auch zum Randgeschehen seien die Angaben der Nebenklage insgesamt nicht glaubhaft, da sie in zahlreichen Punkten widersprüchlich seien.

Nach einem Freispruch legt die Nebenklage das Rechtsmittel der Revision ein (Sachrüge). Mit Erfolg.

Dazu der BGH - 2 StR 314/13 - (LG Aachen)

1. Die Beweiswürdigung ist dann rechtsfehlerhaft, wenn die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt werden oder sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, dass die einzelnen Beweisergebnisse in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden.

2. Zwar ist der Tatrichter grundsätzlich nicht gehalten, im Urteil Zeugenaussagen in allen Einzelheiten wiederzugeben. In Fällen, in denen Aussage gegen Aussage steht, muss aber der entscheidende Teil einer Aussage in das Urteil aufgenommen werden, da dem Revisionsgericht ohne Kenntnis des wesentlichen Aussageinhalts ansonsten die sachlich-rechtliche Überprüfung der Beweiswürdigung verwehrt ist. (Ls d. Schriftltg.)

Der 2. Strafsenat führte dabei aus, dass eine Beweiswürdigung auch dann rechtsfehlerhaft ist, wenn die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt werden oder sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, dass die einzelnen Beweisergebnisse in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden.

Fazit:

Auch bei einem sich anbahnenden Freispruch sollte man als Verteidiger darauf achten, dass das Gericht durchaus eine umfassende Beweiswürdigung in das Urteil einfließen lassen soll. Gerade hier kommt dem Schlussvortrag eine wichtige Bedeutung zu, kann man als Verteidiger das Urteil leider nicht vorab zur Korrektur lesen. Über das Plädoyer kann man diesen Themenbereich ansprechen, um unnötige Überraschungen im Rechtsmittel zu vermeiden. Viele Richter und Richterinnen werden die Problematik sicherlich dankbar aufnehmen. Schlussendlich möchte niemand aufgehoben werden.


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Donnerstag, 29. Mai 2014

Mitteilungspflicht bei Verständigungsgespräch über Haftverschonung

BGH, Beschl. v. 3.12.2013 − 2 StR 410/13 (LG Köln)

Sachverhalt:

Das Landgericht Köln hat die Angeklagte wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen.
 
Die Verteidigung legte das Rechtsmittel der Revision ein, mit Erfolg.
 
Vorgeschichte:

Nach Verlesung der Anklagschrift in der Hauptverhandlung wies das Gericht die Angeklagte darauf hin, dass es ihr freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Die Verteidiger baten ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls sodann um Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Führung eines Rechtsgesprächs. Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft stimmte zu. Die Hauptverhandlung wurde anschließend unterbrochen.

Der Vorsitzende gab dann nach Widereintritt in die Hauptverhandlung den wesentlichen Inhalt des Rechtsgesprächs zwischen Verteidigern, der Vertreterin der StA und der Kammer wie folgt bekannt:

„Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert, insbesondere wurde seitens der Verteidiger die Frage angesprochen, ob im Falle einer geständigen Einlassung eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls darstellbar erschiene. Eine Haftverschonung wurde im Fall einer geständigen Einlassung seitens der Kammer als nicht ausgeschlossen angesehen. Ansonsten hat eine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO nicht stattgefunden.“

Nach Vernehmung der Zeugen wurde die Beweisaufnahme geschlossen und die Angeklagte verurteilt. Das Protokoll beinhaltet den Hinweis darauf, dass eine Verständigung nicht stattgefunden hat. Der Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt. Die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde gegen die Tatsache ein, dass der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wurde.

Beschluss des BGH:

Die Fortdauer der Untersuchungshaft nach Urteilsverkündung kann tauglicher Gegenstand einer Verständigung sein. Hierauf bezogene Erörterungen der Verfahrensbeteiligten unterliegen ungeachtet ihres Ausgangs der Mitteilungs- und Dokumentationspflicht nach § 243 StPO, § 243 Absatz 4 StPO, § 273 StPO, § 273 Absatz 1 a StPO. Darzulegen ist nicht allein der Ausgang der Gespräche, sondern auch, von wem die Initiative hierzu ausgegangen ist, welche Standpunkte die einzelnen Gesprächsteilnehmer vertreten haben und ob diese auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen sind.

Fazit:

Die Verteidigung sollte die Gelegenheit nutzen, im Rahmen von Gesprächen über eine Haftverschonung gewisse Parameter abzustecken. Eine Protokollierung dessen ist zwingende Voraussetzung und eröffnet gegebenenfalls Möglichkeiten im der Revision.

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Mittwoch, 28. Mai 2014

Strafaussetzung zur Bewährung - die "besonderen Umstände" des § 56 Absatz 2 StGB

Im Fokus: 

BGH, Beschluss vom 13.03.20142 StR 4/14 (LG Frankfurt a. M.)

Sachverhalt:

Das Landgericht Frankfurt a.M. verurteilte die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, ohne Bewährung. 

Urteilsgründe: 

Bei der Angeklagten liegen trotz nicht näher ausgeführter positiver Sozialprognose keine besonderen Umstände i. S. von § 56 Absatz 2 StGB vor. Zwar sind die „Voraussetzungen des § 31 BtMG in einer beeindruckenden Weise gegeben, doch sei dem bereits durch Verhängung einer relativ moderaten Strafe Rechnung getragen worden. Auch wenn die Angeklagte in vorbildlicher Weise Aufklärungshilfe geleistet und dadurch sogar zur Aufklärung einer weiteren Straftat beigetragen hat, hat man dies bereits im Rahmen des ermäßigten Strafrahmens sehr weitgehend in Rechnung gestellt. Eine weitergehende Berücksichtigung sei nicht angezeigt.

Das Rechtsmittel der Revision wurde eingelegt - gerade im Hinblick auf die Aussetzung zur Bewährung sah die Verteidigung Gesprächsbedarf.

BGH:

Die Revision der Angeklagten hatte bezüglich der versagten Strafaussetzung Erfolg.

Begründung:

Grundsätzlich gilt: Besondere Umstände i. S. von § 56 Absatz 2 StGB sind Milderungsgründe von erheblichem Gewicht, die eine Strafaussetzung trotz des Unrechts- und Schuldgehalts, der sich in der über einem Jahr liegenden Strafhöhe widerspiegelt, nicht unangebracht erscheinen lassen. Dabei ist grundsätzlich eine Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise vorzunehmen. Dabei können zu den zu berücksichtigenden Faktoren auch solche gehören, die bereits für die Prognose nach § 56 Absatz 1 StGB von Bedeutung waren sowie Umstände, die erst nach der Tat eingetreten sind.

"Diesen Maßstäben wird die Ablehnung der Strafaussetzung nicht gerecht. Die Begründung des LG lässt besorgen, dass es rechtsfehlerhaft nur auf den Unrechts- und Schuldgehalt des eigentlichen Tatgeschehens abgestellt hat, ohne die erforderliche Gesamtbewertung aller relevanten Faktoren vorzunehmen. Insoweit war der Gesichtspunkt, dass die Angeklagte „in vorbildlicher Weise Aufklärungshilfe geleistet hat“ – die Benennung ihrer Auftraggeberin hatte zu deren Festnahme mit ca. 1 kg Kokainzubereitung geführt – entgegen der Ansicht der Kammer für die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung nicht bereits durch die Anwendung des gemilderten Strafrahmens gewissermaßen „verbraucht“, sondern als nach der Tat eingetretener Umstand bei der gebotenen Gesamtwürdigung mit zu berücksichtigen."
Fazit: 

Im Rahmen der Gesamtbetrachtung darf die Verteidigung bei § 56 Absatz 2 StGB auch die Faktoren für § 56 Absatz 1 StGB nicht unerwähnt lassen. Hier gilt es alles "aufzusammeln" und "mitzunehmen", was sich für den Mandanten positiv verarbeiten lässt.


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Dienstag, 27. Mai 2014

Revision: Mitteilungspflicht des Gerichts bei Gesprächen über eine Verfahrenseinstellung nach §§ 153, 153 a StPO als obligatorische Negativmitteilung notwendig?

Besprechung: Kammergericht Berlin, Beschluss v. 10.1.2014 − (2) 161 Ss 132/13 (47/13), (nachzulesen in NStZ 2014, 293)

Bei dem Rechtsmittel der Revision im Strafrecht gibt es zahlreiche Themenkomplexe zu berücksichtigen. Besondere Bedeutung hat in der Vergangenheit das Thema "Verfahrensabsprachen und deren Dokumentationspflicht" erlangt. Hier kommen Strafverteidiger auf Ihre Kosten, die sich im Hinblick auf vermeinttliche Absprachen mit dem Gericht in den schier undurchdringlichen Wald an zwingenden Voraussetzungen begeben und dort ihr Glück probieren.

Der Grundgedanke dahinter:

In der alten Fassung lautete der § 243 Absatz 4 Satz 1 StPO wie folgt:
...

(4) Sodann wird er Angeklagte darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen....

Nunmehr lautet der § 243 Absatz4 Satz 1 StPO:
...

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

Sachverhalt:

Es ergeht ein Urteil in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Berlin, der Angeklagte legt Revision zum Kammergericht ein. Grund: es habe Gespräche über eine mögliche (komplette) Verfahrenseinstellung gegeben. Die Vorsitzende hat es aber verfahrensfehlerhaft unterlassen , die nach § 243 Abs. 4 StPO obligatorische Negativmitteilung zu machen und gemäß § 273 Abs. 1 a Satz 2 StPO zu protokollieren.

Beschluss des Kammergerichts:

Der Senat kann ein Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensfehler sicher ausschließen, weil es unstreitig keinerlei Gespräche im Hinblick auf ein Urteil oder das Urteil begleitende Beschlüsse gegeben hat, auf die die in § 257 c StPO kodifizierte Regelung primär zugeschnitten ist. Weiter heisst es:
Verfahrenseinstellungen nach den hier in Rede stehenden Vorschriften (§§ 153, 153 a, 154 StPO) sind jederzeit ‑ insbesondere auch außerhalb der öffentlichen Hauptverhandlung ‑ zulässig, ohne dass dies bislang Anlass geboten hätte, ernsthaft an der Verfassungsgemäßheit dieser Vorschriften zu zweifeln. Der Angekl. ist dadurch geschützt, dass die Beschlüsse entweder seiner ausdrücklichen Zustimmung bedürfen (§ 153, § 153 a StPO) oder aber er wird vom Gesetzgeber nicht für schutzbedürftig gehalten, weshalb es seiner Mitwirkung nicht bedarf (§ 154 StPO).
Fazit: 

Die obligatorische Negativmitteilung kann man im Hinblick auf Verfahrenseinstellungen  wohl getrost vernachlässigen, die Meinung des Kammergerichts ist eindeutig. Der Gedanke der Verteidigung in der Revision ist jedoch hervorzuheben, so ist die Transparenz in der Hauptverhandlung ein doch schutzwürdiger Aspekt.

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Montag, 26. Mai 2014

Die Berufung im Strafverfahren - Stärkung der Verteidigung

Das Bundesjustiz- und Verbraucherministerium hat einen Referentenentwurf zum Gesetze zur Stärkung des Rechts auf Vertretung durch einen Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung erarbeitet. Ein Blick hierauf lohnt sich, bietet es für die Strafvertzeidigung doch neue Möglichkeiten:

So sieht der Gesetzesentwurf eine Änderung für § 329 StPO dahingehend vor,

dass eine Verwerfung der Berufung des Angeklagten nicht mehr erfolgen darf, wenn statt des Angeklagten ein entsprechend bevollmächtigter und vertretungsbereiter Verteidigung in einem Termin zur Berufungshauptverhandlung erschienen ist.

Bisher lautet die Vorschrift:

(1) Ist bei Beginn einer Hauptverhandlung weder der Angeklagte noch in den Fällen, in denen dies zulässig ist, ein Vertreter des Angeklagten erschienen und das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt, so hat das Gericht eine Berufung des Angeklagten ohne Verhandlung zur Sache zu verwerfen....

Der Entwurf zur Änderung ist sicher im Interesse der Mandanten. Letztere können vielleicht in Zukunft autonom entscheiden, persönlich zu der Berufungshauptverhandlung zu erscheinen, erscheinen, oder aber einen mit Vertretungsvollmacht ausgestatteten Verteidiger zu beauftragen.


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Donnerstag, 22. Mai 2014

Eine Zange als gefährliches Werkzeug?

Das Thema "gefährliches Werkzeug" im Bereich des Diebstahls mit Waffen (§ 244 StGB) führt nach wie vor zu kontroversen Diskussionen zwischen Gerichten, Staatsanwälten und Verteidigern. Das Kammergericht Berlin hat in einem Beschluss nunmehr die Diskussionen angefacht, Az. (4) 161 Ss 208/13 (252/13).

Zunächst ein Blick in das Gesetz:
§ 244 StBG Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl.
"(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
..."
Zum Sachverhalt: 

Bei einem Diebstahl haben die Angeklagten zwei Zangen dabei, jeweils 15 cm und 20 cm lang. Die Verurteilung des Amtsgerichts lautet auf Diebstahl mit Waffen, § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Alt. 2 StGB.

Das Kammeregricht hebt die Verurteilung auf, da die Feststellungen des Amtsgerichts nicht ausreichend dargelegt haben, dass die Zangen nach ihrer objektiven Beschaffenheit zur Zufügung erheblicher Verletzungen geeignet waren. Darüber hinaus mangelte es den Ausführungen des Urteils an Feststellungen zum Vorsatz der Angeklagten in Hinblick auf das vermeintlich gefährliche Werkzeug.

Worauf legt das Kammergericht besonders Wert? Der Beschluss hebt hervor, dass der Vorsatz zumindest voraussetzt, dass dem Täter bewusst ist, dass er objektiv gefährliche Werkzeuge bei sich führt, auch wenn er einen Einsatz gegen menschen nicht von vornherein für möglich hält oder ihm ein solcher womöglich sogar äußerst unerwünscht ist. Die Anforderungen an die Feststellungen des Vorsatzes sind dabei umso höher, je weniger bei dem Gegenstand eine Zweckentfremdung als Nötigungsmittel naheliegt.

Hier muss die Strafverteidigung ansetzen, und genau diese Problematik sauber herausarbeiten. Für den Mandanten kann das den wesentlichen Unterschied zwischen einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe machen.


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Dienstag, 11. März 2014

Darf die Polizei bei einem Telfonat zwischen Mandant und Verteidiger lauschen?

BGH bestätigt Pflicht zur unverzüglichen Löschung aufgezeichneter Telefonate zwischen Verteidigern und Beschuldigten

Immer wieder kommt bei den Mandanten die Frage auf, ob ein Telefonat mit dem Strafverteidiger von der Polizei mitgehört wird. Besonders relevant wird diese Frage, wenn das Telefonat nur der Anbahnung eines Mandatsverhältnisses dient.

Dazu hatte sich nunmehr ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes (BGH) in einem Beschluss geäußert:
"...die Ermittlungsbehörden es rechtswidrig unterlassen haben, die automatisch gefertigte Aufzeichnung zweier Telefonate unverzüglich zu löschen, die ein Rechtsanwalt zur Anbahnung eines Mandatsverhältnisses geführt hatte.
Daraufhin fing sich der Beschluss eine Beschwerde des Generalbundesanwalts ein. Diese wurde aber als unbegründet verworfen.

Darin heißt es:
"...dass der Rechtsanwalt berechtigt ist, das Zeugnis über den Inhalt der beiden Telefonate zu verweigern, obwohl diese nur der Anbahnung des Mandatsverhältnisses mit dem Beschuldigten dienten. (...) Sie durften insbesondere auch nicht zum Zwecke der späteren gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Anordnung und Vollzug der Überwachungsmaßnahme weiter aufbewahrt werden."

Nähere Informationen: BGH 18.02.2014 Aktenzeichen StB 8/13.

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Montag, 17. Februar 2014

Handeltreiben mit Betäubungsmittel: Wie verhält es sich mit dem sogenannten Verfall?

Sachverhalt:

Das Landgericht verurteilt den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und ordnet hinsichtlich eines Geldbetrags von 20.000 Euro den Verfall an.

Fragt sich der Laie: Was bedeutet eigentlich "Verfall"? Grund zur Besorgnis?

Mit dem Begriff Verfall bezeichnet man im Strafrecht die Abschöpfung dessen, was ein Straftäter aus der rechtswidrigen Tat erlangt hat. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es also, unrechtmäßig erlangten Vermögenszuwachs abzuschöpfen, also eine rechtswidrige Bereicherung zu beseitigen.

Konkret für den vorliegenden Sachverhalt hat das bedeutet:

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte im Zeitraum vom Sommer 2011 bis März 2012 in mehreren Fällen mit Metamphetamin in nicht geringer Menge Handel getrieben hat. Der Angeklagte, welcher seit vielen Jahren von Sozialleistungen lebt und über keinerlei Vermögen, auch nicht aus den der Verurteilung zugrunde liegenden Rauschgiftgeschäften, verfügt, hat nach den Feststellungen der Kammer aus den Verkäufen mindestens 20.000 Euro erlöst, weshalb die Kammer insoweit den Verfall angeordnet hat.

Der Bundesgerichtshof stellt dazu fest (Beschluss vom 24.04.2013 - 1 StR 164/13):

"Die Strafkammer hat festgestellt, dass der für verfallen erklärte Geldbetrag von 20.000 Euro nicht mehr beim Angeklagten vorhanden war. Daher war die Strafkammer gemäß § 73c Abs. StGB Absatz 1 Satz 2 StGB gehalten zu prüfen, ob von einer Verfallsanordnung abgesehen werden kann. Eine derartige Ermessensentscheidung hat die Strafkammer nicht erkennbar vorgenommen. Die Anwendung dieser Vorschrift schied angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte über keine Einkünfte aus dem Verkauf mehr verfügt und auch im Übrigen vermögenslos ist sowie angesichts der langjährigen Erwerbslosigkeit und seines fortgeschrittenen Alters voraussichtlich keine die Sozialleistungen übersteigenden Einkünfte mehr haben wird, auch nicht von vorneherein aus."

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Freitag, 14. Februar 2014

Geheimnisverrat - Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht

Aus aktuellem Anlass wollen wir den Geheimnisverrat kurz erläutern...


1. Man werfe einen Blick in § 353b StGB

§ 353b Strafgesetzbuch 

Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht

(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1. Amtsträger,

2. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder

3. Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
...
2. Siehe da, als Amtsträger gemäß Nr. 1 (vgl § 11 Abs 1 Nr 2 StGB) kommen auch Minister in Betracht.

3. Besipiele für Geheimnisse: Die Anhängigkeit eines Ermittlungsverfahrens (siehe z.B.
OLG Dresden, NJW 2007, Seite 3509)

4. Dem Täter muss das Geheimnis gerade in seiner Eigenschaft als Amtsträger, besonders Verpflichteter anvertraut oder bekannt geworden sein...

5.Offenbaren bedeutet das öffentliche Bekanntmachen oder die Mitteilung an einen Unbefugten...

Was die Strafvereitelung angeht, soll die Staatsanwaltschaft ermitteln...

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Donnerstag, 13. Februar 2014

Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch Einverständnis zur Lagerung von Kokain in der Wohnung

Hat der Inhaber einer Wohnung generell Sorge dafür zu tragen, dass in seinen eigenen vier Wänden keine Straftaten begangen werden? Diese interessante Frage stellte sich nunmehr der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs.

Zum Sachverhalt:

Die Angeklagte (A) zog in eine eigene Wohnung ein. Ihr Lebensgefährte (L) war oft vor Ort. Die A bemerkte kurze Zeit nach dem Einzug in ihre Wohnung, dass der L Kokain konsumierte. Nach einiger Zeit erkannte sie, dass er auch Kokain verkaufte. Auf ihren Vorhalt gab er zu, Kokain zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs in ihrer Wohnung zwischenzulagern.

Dazu der Senat:
1. Der Inhaber einer Wohnung hat nicht ohne Weiteres dafür einzustehen, dass in seinen Räumen durch Dritte keine Straftaten begangen werden. So erfüllt allein die Kenntnis und Billigung der Lagerung, der Aufbereitung oder des Vertriebs von Betäubungsmitteln in der Wohnung für den Wohnungsinhaber noch nicht die Voraussetzung strafbarer Beihilfe.

2. Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegt jedoch vor, wenn der Wohnungsinhaber den Betäubungsmittelhandel aktiv unterstützt, etwa die Wohnung in Kenntnis des beabsichtigten Verwendungszwecks vermietet oder die Betäubungsmittel für oder gemeinsam mit dem Täter in Besitz nimmt und verwahrt. Unter Umständen kommt in solchen Fällen sogar täterschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Betracht.
Besondere Bedeutung kommt also den Feststellungen in einem Urteil zu, ob es sich um eine bloße "Billigung" handelt. Im Hinblick auf Berufung oder Revision eröffnet sich hier für die Verteidigung eine vielversprechende Möglichkeit der Reduzierung einer Strafe.

Für weitergehende Information: BGH, Urteil vom 19.12.2013 - 4 StR 300/13

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Dienstag, 11. Februar 2014

Thema Fahrerlaubnis: K.O. Tropfen mit Spuren von Amphetamin in das Getränk bekommen - wie reagieren die Gerichte?

 Der Behörde schuldet man eine Erklärung, sofern nach einer Kontrolle im Straßenverkehr und einer Blutentnahme der Konsum von Amphetamin festgestellt wurde. Aus Sicht des Sachberabeiters hört man dann immer wieder den Spruch:

"Der Kreativität der Erklärung sind keine Grenzen gesetzt, also legen Sie mal los..."

Oftmals kommt es zu nachfolgendem Erklärungsversuch:
"Ein Dritter müsse an dem besagten Abend Amphetamin oder K. O.-Tropfen mit Spuren von Amphetaminen unbemerkt in das Getränk des Betroffenen getan haben. Der Grund, warum ein Dritter dies unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Amphetamine nicht billig seien, tun solle, kann nur darin liegen, dass versucht werden solle, den Betroffenen auf den „Geschmack“ zu bringen, um zukünftig einen Abnehmer zu haben. Als dies aber offensichtlich ‚schief gelaufen‘ sei, wäre diese dritte Person dann nicht mehr an den Antragsteller herangetreten. Im Übrigen dürften Amphetamine heute aber auch nicht mehr besonders kostspielig sein, so dass sich vielleicht auch jemand einfach einen „Spaß“ haben erlaubt hat.  Ein mögliches Motiv könne auch sein, dass der Antragsteller derart außer Gefecht gesetzt werden solle, dass er beim Aufsuchen der Toilette oder dergleichen um seine Wertsachen hätte gebracht werden sollen, was dann aber unterblieben sei, weil die Wirkung dann doch noch zu gering gewesen wäre oder er nicht erwartungsgemäß die Toilette aufgesucht habe. Dies wisse der Betroffene nicht."
Wie regieren Die Gerichte auf solch einen Sachvortrag?
"In den Augen des Einzelrichters gibt der Antragsteller auch insoweit lediglich rechtlich unbeachtliche Schutzbehauptungen ab. Das Vorbringen zum Amphetaminkonsum ist auch in sich inkonsistent und nicht substantiiert. Es erschöpft sich in der Angabe verschiedener hypothetischer Geschehensabläufe, die in den Raum gestellt werden."
VG Oldenburg, Beschluss vom 13.01.2014 - 7 B 6993/13

In dem vorliegenden Fall ging es im Übrigen noch um einen Mischkonbsum mit Alkohol.


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Dienstag, 4. Februar 2014

Mangelnde Verfügbarkeit von Vorführpersonal als wichtiger Grund im Sinne von § 121 StPO

Sachverhalt OLG Karlsruhe, Beschl. Vom 25.10.2013- 2 Ws 430/13, HEs 154/13:

Unter dem Vorwurf von acht Fällen der gewerbsmäßigen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, davon in sechs Fällen gewerbsmäßig handelnd, befindet sich der Angeklagte seit dem 25.03.2013 in ununterbrochener Untersuchungshaft. 

Da ein Urteil noch nicht ergangen ist und die nunmehr zuständige Große Strafkammer des Landgerichts Offenburg die Haftfortdauer für erforderlich hält, sind die Voraussetzungen der besonderen Haftprüfung durch den Senat gegeben, nachdem die am 18.09.2013 begonnene Hauptverhandlung am 07.10.2013 ausgesetzt werden musste. 

Was bringt jetzt die besondere Würze in den Fall? Nun ja, eine zeitnahe Verhandlung  am 06.11. und 07.11.13 war nicht möglich, da es schlichtweg nicht genügend Justizwachtmeister gab. Also gab es 4 Wochen Untersuchungshaft "obendrauf".

Die besondere Überprüfung durch den Senat führt zu der Anordnung, dass die Untersuchungshaft des Angeklagten fortzudauern hat. Dazu in den Ausführungen:

"Dass eine frühere Terminierung auf den 06.11. und 07.11.2013, also etwa einen Monat eher als geplant, grundsätzlich möglich gewesen wäre, gefährdet bei der hier gegebenen Sachlage den Fortbestand des Haftbefehls nicht. Sie scheiterte daran, dass an diesen Tagen für die Vorführung des Angeklagten keine Justizwachtmeister zur Verfügung stehen.

Die zweifellos knappe Ausstattung des Landgerichts mit Justizwachtmeistern stellt auch keinen grundsätzlichen, die beschleunigte Bearbeitung von Haftsachen gefährdenden Organisationsmangel dar, da sie sich in den vergangenen Jahren noch in keinem der dem Senat vorgelegten Haftbeschwerde- oder Haftprüfungsverfahren des Landgerichts Offenburg ausgewirkt hat. Somit handelt es sich um eine nur kurzfristige und unvorhersehbare personelle Überlastung des Landgerichts, die der Senat als wichtigen Grund im Sinne des § 121 StPO anerkennt, zumal die durch sie bedingte Verfahrensverzögerung auf etwa vier Wochen begrenzt ist."
Nun stellt sich uns die Frage, wie wir eigentlich das Bundesverfassungsgericht zu verstehen haben. Hieß es da nicht, dass Verzögerungen des Verfahrens, die in der Sphäre der Justiz liegen, das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 121 I StPO ausschließen? Wer es genauer wissen möchte, der sollte nochmal nachlesen: BVerfG 2. Senat 3. Kammer in NJW 2006 Seite 672 zum Thema überlange Untersuchungshaft...vielleicht ist das ja in Vergessenheit geraten...


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Montag, 20. Januar 2014

Reform der Tötungsdelikte?

Der Deutsche Anwalt Verein (DAV) hat einen interessanten Entwurf zur Reform der Tötungsdelikte vorgelegt. Der Regelungsvorschlag auf den Punkt gebracht: 

§ 211 StGB entfällt

Der DAV schlägt vor, im Kernbereich des Strafgesetzbuches klare und allgemeinverständliche Normen zum Schutz des wichtigsten Rechtsgutes des Menschen zu schaffen, nämlich dem Leben.

Der Mord-Paragraf 211 StGB werde diesem Zweck nicht ausreichend gerecht, er führe zu ungerechten und teilweise auch zufälligen Ergebnissen.

Es wird die Frage gestellt, inwiefern Begriffe wie Heimtücke, Grausamkeit, Habgier, Mordlust, niedrige Beweggründewirklich geeignet sind , die Erscheinungsformen lebensvernichtender Taten trennscharf zu umschreiben. Vilemehr seien damit viele praktische Abgrenzungsprobleme verbunden. 

Mit dem Vorschlag geht eine Neuregelung des § 212 StGB einher.Damit sei ein entsprechender Sanktionsrahmen geschaffen, der für die Strafzumessung den Zugriff auf alle Strafzumessungsaspekte frei gibt, seien sie strafmildernd oder -schärfend.

Wir behalten den Vorschlag im Auge und berichten bei Neuigkeiten.


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Freitag, 17. Januar 2014

Therapiefähigkeit - Zurückstellung nach § 35 BtMG

Folgender Sachverhalt:

Gegen den Verurteilten wurde 2004 eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten und am 2009 eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren verhängt. In beiden Urteilen war die – mittlerweile erledigte – Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet gewesen. Sowohl 2003 als auch 2009 lagen den Urteilen Verstöße des langjährig drogenabhängigen Verurteilten gegen das Betäubungsmittelgesetz zu Grunde. Nach Teilverbüßung sind noch Strafreste von 9 Monaten bzw. 1 Jahr offen. Den Antrag des Verurteilten auf Zurückstellung der Vollstreckung lehnte die Staatsanwaltschaft am 2013 wegen erheblicher Zweifel an der Therapiefähigkeit des Verurteilten ab, die sich aus den früheren Therapiefehlschlägen ergäben. 

Gegen diesen Bescheid legte der Betroffene Beschwerde ein. Die Generalstaatsanwaltschaft sah kein Grund zur Abänderung.  Es folgte ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Resultat: Der Antrag war zulässig und begründet. Im Wesentlichen hieß es in den Ausführungen des Gerichts, dass die Anforderungen an den Nachweis der Therapiebereitschaft des Verurteilten überspannt worden sind. Weiter heißt es:
"Mit nur allgemeinen, auch erheblichen Zweifeln am Therapieerfolg kann das einem Verurteilten dauerhaft anhaftende, seine Zukunft schwer belastende Verdikt der Therapieunfähigkeit nicht begründet werden."
Weitergehende Infos:
OLG Karlsruhe , Beschl. v. 17. 10. 2013 2 VAs 77/13

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Geständnis allein reicht nicht - es kommt auch auf den Zeitpunkt an.

Strafverfahren werden oftmals durch ein Geständnis schnell zu Ende gebracht. Die Hoffnung des Betroffenen richtet sich dann immer auf ein mildes Urteil. Dabei muss man auch den Zeitpunkt des Geständnisses im Auge haben, hier ergeben sich nä,lich mitunter große Unterschiede. Insofern heute ein Blick auf eine Entscheidung des Landgerichts Essen, in dem es zu folgender Erklärung kam:
"Das Landgericht hat angenommen, das Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung habe keine strafmildernde Berücksichtigung finden können, da er lediglich das eingeräumt habe, was ohnehin durch andere Beweismittel bewiesen werden konnte."
Dazu dann der 4. Strafsenat  - BGH , Beschl. v. 9. 10. 2013 4 StR 414/13:

Der Tatrichter ist nicht gehindert, das strafmildernde Gewicht einer geständigen Einlassung geringer zu bewerten, wenn es von prozesstaktischen Erwägungen bestimmt ist. Das gilt auch in dem Fall, in dem der Angeklagte nur das einräumt, was durch die Beweisaufnahme ohnehin schon zur Überzeugung des Gerichts feststeht.

Besonderheit in dem Fall vor der Strafkammer war jedoch, dass die das Geständnis des Angeklagten bewertende Erwägung im Widerspruch dazu steht, dass das Landgericht an anderer Stelle ausführt, die tatsächlichen Feststellungen zu der abgeurteilten Tat beruhten im Wesentlichen auf den geständigen und glaubhaften Angaben der beiden Angeklagten. Unter diesen Umständen hätte die Einschätzung des Geständnisses des Angeklagten als strafzumessungsrechtlich unerheblich einer näherer Erläuterung bedurft, zumal die Strafkammer das ebenfalls in der Hauptverhandlung abgelegte Geständnis des Mitangeklagten diesem ausdrücklich strafmildernd zugestanden hat.

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Mittwoch, 15. Januar 2014

SIM Karte austauschen - Auswirkungen auf die IMEI Überwachung?

In manchen Kreisen ist es gängige Praxis, die SIM Karte ständig zu tauschen und das liebgewonnene Handy zu behalten. So verspricht man sich eine gewisse Sicherheit, in welche Richtung auch immer. 

Nun ist es aber so, dass die Strafverfolgungsbehörden diese Methode erkannt und sich darauf eingestellt haben. Die Frage, ob eine Anordnung nach § 100 a StPO nicht nur auf die Rufnummer des zu überwachenden Anschlusses gerichtet, sondern auch auf die vom jeweiligen Hersteller zugeteilte, insoweit grundsätzlich einzigartige Gerätekennung (IMEI) des Mobilfunkgeräts als „andere Kennung“ im Sinne des § 100 b Absatz 2 Satz 2 StPO bezogen sein kann, ist mittlerweile durch die Neufassung des § 100 b Absatz 2 Satz 2 StPO positiv dahingehend entschieden, dass es sich auch um eine andere Kennung des Endgeräts handeln kann

Nochmal zu dem Begriff IMEI: IMEI ( International Mobile Equipment Identify) steht für eine 15-stellige Nummer, die ein Handy eindeutig identifiziert. Man findet diese Nummer z. B. auf dem Typenschild-Aufkleber unter dem Akku, auf dem Gerätepass oder der Rechnung. 

Fazit: Durch die Überwachung der IMEI kann man also mittlerweile dem ständigen Austausch der SIM Karte  begegnen. Der IMSI-Catcher kann die jeweilige IMEI Nummer des benutzten Handys feststellen. Damit kann der Verdächtige entlarvt werden, selbst wenn dieser zwar die SIM-Karte wechselt, aber das selbe Handy benutzt.

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Dienstag, 14. Januar 2014

Einfuhr und Handel von Drogen in nicht geringer Menge und die Annahme der Schwere der Schuld bei Jugendlichen

Zunächst: Was bedeutet die Schwere der Schuld im Jugendstrfarecht?

§ 17 Jugendgerichtsgesetz (JGG)
(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
Das Amtsgericht Rudolstadt  (Urteil vom 05.12.2013 - 781 Js 21801/13 1 Ls jug.) hat dazu festgestellt:

Als Voraussetzung von Jugendstrafe meint die Schwere der Schuld ein besonders gravierendes Ausmaß von Strafzumessungsschuld. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass im Jugendstrafrecht ein vom allgemeinen Strafrecht erheblich abweichender Maßstab anzuwenden und das Schwergewicht mehr auf die subjektiven und persönlichkeitsbegründeten Beziehungen des Täters zu seiner Tat als auf deren äußere Schwere zu legen ist.

Und dann wird auf den Wortlaut verwiesen:

"Schon das Gesetz spricht nicht von Schwere der Tat oder des Unrechts, sondern von Schwere der Schuld."
Jura kann so einfach sein.

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Montag, 13. Januar 2014

Nutzung von Cloud Speichern unter strafrechtlichen Gesichtspunkten

Das Netz bietet diverse Möglichkeiten der Datenspeicherung. Bequem und unkompliziert, solange man jedenfalls nicht Betroffener in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist. Denn entgegen der weit verbreiteten Meinung, dass die Daten vor dem Zugriff der deutschen Ermittlungsbehörden weitestgehend sicher sind, sieht die Realität anders aus:

Daten können als unkörperliche Gegenstände gemäß § 94 StPO beschlagnahmt werden. Dabei kann man auf der Suche nach beweiserheblichen Daten gemäß § 102 StPO auf alle Daten in der Cloud zugreifen.

Und wenn sich die Daten auf einem Server im Ausland befinden?

Auch hier kann die deutsche Ermittlungsbehörde  einen Zugriff vorbnehmen. Dabei handelt es sich nämlich nicht um eine willkürliche Missachtung ausländischer Souveränität, sondern dass ist einfach den Umstand geschuldet, dass die Daten nunmal auf diversen Servern quer über die Welt verteilt sind.

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Freitag, 10. Januar 2014

Problem: Das Mitführen der Schusswaffen beim Besitz der Betäubungsmittel

Was bedeutet es für den Beschuldigten, wenn er eine Schusswaffen beim Besitz der Betäubungsmittel mitsichführt? Genügt das für den Tatbestand des § 30 a BtMG bzw. § 30 a Absatz 2 BtMG? 

Das Landgericht Cottbus hatte diese Entscheidung zu treffen, allein in den Urteilsgründen fand man aber wenig Anhaltspunkte zu dem Thema. So hat das Landgericht nicht festgestellt, dass der Angeklagte beim Sichverschaffen des zum Eigenkonsum erlangten Crystal die bei ihm sichergestellten Schusswaffen mit sich führte. 

Nunmehr der BGH, Beschluss vom 12.12.2013 - 5 StR 522/13:

"Das Mitführen der Schusswaffen beim Besitz der Betäubungsmittel allein erfüllt den Tatbestand des § 30 a Absatz 2 Nr. 2 BtMG hingegen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 30a Rn. 84 mwN). Der Angeklagte hat sich insoweit aber des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Absatz 1 Nr. 2 BtMG) schuldig gemacht."

Pohl und Marx Rechtsanwälte
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