Montag, 17. Februar 2014

Handeltreiben mit Betäubungsmittel: Wie verhält es sich mit dem sogenannten Verfall?

Sachverhalt:

Das Landgericht verurteilt den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und ordnet hinsichtlich eines Geldbetrags von 20.000 Euro den Verfall an.

Fragt sich der Laie: Was bedeutet eigentlich "Verfall"? Grund zur Besorgnis?

Mit dem Begriff Verfall bezeichnet man im Strafrecht die Abschöpfung dessen, was ein Straftäter aus der rechtswidrigen Tat erlangt hat. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es also, unrechtmäßig erlangten Vermögenszuwachs abzuschöpfen, also eine rechtswidrige Bereicherung zu beseitigen.

Konkret für den vorliegenden Sachverhalt hat das bedeutet:

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte im Zeitraum vom Sommer 2011 bis März 2012 in mehreren Fällen mit Metamphetamin in nicht geringer Menge Handel getrieben hat. Der Angeklagte, welcher seit vielen Jahren von Sozialleistungen lebt und über keinerlei Vermögen, auch nicht aus den der Verurteilung zugrunde liegenden Rauschgiftgeschäften, verfügt, hat nach den Feststellungen der Kammer aus den Verkäufen mindestens 20.000 Euro erlöst, weshalb die Kammer insoweit den Verfall angeordnet hat.

Der Bundesgerichtshof stellt dazu fest (Beschluss vom 24.04.2013 - 1 StR 164/13):

"Die Strafkammer hat festgestellt, dass der für verfallen erklärte Geldbetrag von 20.000 Euro nicht mehr beim Angeklagten vorhanden war. Daher war die Strafkammer gemäß § 73c Abs. StGB Absatz 1 Satz 2 StGB gehalten zu prüfen, ob von einer Verfallsanordnung abgesehen werden kann. Eine derartige Ermessensentscheidung hat die Strafkammer nicht erkennbar vorgenommen. Die Anwendung dieser Vorschrift schied angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte über keine Einkünfte aus dem Verkauf mehr verfügt und auch im Übrigen vermögenslos ist sowie angesichts der langjährigen Erwerbslosigkeit und seines fortgeschrittenen Alters voraussichtlich keine die Sozialleistungen übersteigenden Einkünfte mehr haben wird, auch nicht von vorneherein aus."

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Fachanwälte für Strafrecht aus Berlin

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Freitag, 14. Februar 2014

Geheimnisverrat - Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht

Aus aktuellem Anlass wollen wir den Geheimnisverrat kurz erläutern...


1. Man werfe einen Blick in § 353b StGB

§ 353b Strafgesetzbuch 

Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht

(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1. Amtsträger,

2. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder

3. Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
...
2. Siehe da, als Amtsträger gemäß Nr. 1 (vgl § 11 Abs 1 Nr 2 StGB) kommen auch Minister in Betracht.

3. Besipiele für Geheimnisse: Die Anhängigkeit eines Ermittlungsverfahrens (siehe z.B.
OLG Dresden, NJW 2007, Seite 3509)

4. Dem Täter muss das Geheimnis gerade in seiner Eigenschaft als Amtsträger, besonders Verpflichteter anvertraut oder bekannt geworden sein...

5.Offenbaren bedeutet das öffentliche Bekanntmachen oder die Mitteilung an einen Unbefugten...

Was die Strafvereitelung angeht, soll die Staatsanwaltschaft ermitteln...

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Donnerstag, 13. Februar 2014

Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch Einverständnis zur Lagerung von Kokain in der Wohnung

Hat der Inhaber einer Wohnung generell Sorge dafür zu tragen, dass in seinen eigenen vier Wänden keine Straftaten begangen werden? Diese interessante Frage stellte sich nunmehr der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs.

Zum Sachverhalt:

Die Angeklagte (A) zog in eine eigene Wohnung ein. Ihr Lebensgefährte (L) war oft vor Ort. Die A bemerkte kurze Zeit nach dem Einzug in ihre Wohnung, dass der L Kokain konsumierte. Nach einiger Zeit erkannte sie, dass er auch Kokain verkaufte. Auf ihren Vorhalt gab er zu, Kokain zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs in ihrer Wohnung zwischenzulagern.

Dazu der Senat:
1. Der Inhaber einer Wohnung hat nicht ohne Weiteres dafür einzustehen, dass in seinen Räumen durch Dritte keine Straftaten begangen werden. So erfüllt allein die Kenntnis und Billigung der Lagerung, der Aufbereitung oder des Vertriebs von Betäubungsmitteln in der Wohnung für den Wohnungsinhaber noch nicht die Voraussetzung strafbarer Beihilfe.

2. Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegt jedoch vor, wenn der Wohnungsinhaber den Betäubungsmittelhandel aktiv unterstützt, etwa die Wohnung in Kenntnis des beabsichtigten Verwendungszwecks vermietet oder die Betäubungsmittel für oder gemeinsam mit dem Täter in Besitz nimmt und verwahrt. Unter Umständen kommt in solchen Fällen sogar täterschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Betracht.
Besondere Bedeutung kommt also den Feststellungen in einem Urteil zu, ob es sich um eine bloße "Billigung" handelt. Im Hinblick auf Berufung oder Revision eröffnet sich hier für die Verteidigung eine vielversprechende Möglichkeit der Reduzierung einer Strafe.

Für weitergehende Information: BGH, Urteil vom 19.12.2013 - 4 StR 300/13

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Dienstag, 11. Februar 2014

Thema Fahrerlaubnis: K.O. Tropfen mit Spuren von Amphetamin in das Getränk bekommen - wie reagieren die Gerichte?

 Der Behörde schuldet man eine Erklärung, sofern nach einer Kontrolle im Straßenverkehr und einer Blutentnahme der Konsum von Amphetamin festgestellt wurde. Aus Sicht des Sachberabeiters hört man dann immer wieder den Spruch:

"Der Kreativität der Erklärung sind keine Grenzen gesetzt, also legen Sie mal los..."

Oftmals kommt es zu nachfolgendem Erklärungsversuch:
"Ein Dritter müsse an dem besagten Abend Amphetamin oder K. O.-Tropfen mit Spuren von Amphetaminen unbemerkt in das Getränk des Betroffenen getan haben. Der Grund, warum ein Dritter dies unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Amphetamine nicht billig seien, tun solle, kann nur darin liegen, dass versucht werden solle, den Betroffenen auf den „Geschmack“ zu bringen, um zukünftig einen Abnehmer zu haben. Als dies aber offensichtlich ‚schief gelaufen‘ sei, wäre diese dritte Person dann nicht mehr an den Antragsteller herangetreten. Im Übrigen dürften Amphetamine heute aber auch nicht mehr besonders kostspielig sein, so dass sich vielleicht auch jemand einfach einen „Spaß“ haben erlaubt hat.  Ein mögliches Motiv könne auch sein, dass der Antragsteller derart außer Gefecht gesetzt werden solle, dass er beim Aufsuchen der Toilette oder dergleichen um seine Wertsachen hätte gebracht werden sollen, was dann aber unterblieben sei, weil die Wirkung dann doch noch zu gering gewesen wäre oder er nicht erwartungsgemäß die Toilette aufgesucht habe. Dies wisse der Betroffene nicht."
Wie regieren Die Gerichte auf solch einen Sachvortrag?
"In den Augen des Einzelrichters gibt der Antragsteller auch insoweit lediglich rechtlich unbeachtliche Schutzbehauptungen ab. Das Vorbringen zum Amphetaminkonsum ist auch in sich inkonsistent und nicht substantiiert. Es erschöpft sich in der Angabe verschiedener hypothetischer Geschehensabläufe, die in den Raum gestellt werden."
VG Oldenburg, Beschluss vom 13.01.2014 - 7 B 6993/13

In dem vorliegenden Fall ging es im Übrigen noch um einen Mischkonbsum mit Alkohol.


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Dienstag, 4. Februar 2014

Mangelnde Verfügbarkeit von Vorführpersonal als wichtiger Grund im Sinne von § 121 StPO

Sachverhalt OLG Karlsruhe, Beschl. Vom 25.10.2013- 2 Ws 430/13, HEs 154/13:

Unter dem Vorwurf von acht Fällen der gewerbsmäßigen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, davon in sechs Fällen gewerbsmäßig handelnd, befindet sich der Angeklagte seit dem 25.03.2013 in ununterbrochener Untersuchungshaft. 

Da ein Urteil noch nicht ergangen ist und die nunmehr zuständige Große Strafkammer des Landgerichts Offenburg die Haftfortdauer für erforderlich hält, sind die Voraussetzungen der besonderen Haftprüfung durch den Senat gegeben, nachdem die am 18.09.2013 begonnene Hauptverhandlung am 07.10.2013 ausgesetzt werden musste. 

Was bringt jetzt die besondere Würze in den Fall? Nun ja, eine zeitnahe Verhandlung  am 06.11. und 07.11.13 war nicht möglich, da es schlichtweg nicht genügend Justizwachtmeister gab. Also gab es 4 Wochen Untersuchungshaft "obendrauf".

Die besondere Überprüfung durch den Senat führt zu der Anordnung, dass die Untersuchungshaft des Angeklagten fortzudauern hat. Dazu in den Ausführungen:

"Dass eine frühere Terminierung auf den 06.11. und 07.11.2013, also etwa einen Monat eher als geplant, grundsätzlich möglich gewesen wäre, gefährdet bei der hier gegebenen Sachlage den Fortbestand des Haftbefehls nicht. Sie scheiterte daran, dass an diesen Tagen für die Vorführung des Angeklagten keine Justizwachtmeister zur Verfügung stehen.

Die zweifellos knappe Ausstattung des Landgerichts mit Justizwachtmeistern stellt auch keinen grundsätzlichen, die beschleunigte Bearbeitung von Haftsachen gefährdenden Organisationsmangel dar, da sie sich in den vergangenen Jahren noch in keinem der dem Senat vorgelegten Haftbeschwerde- oder Haftprüfungsverfahren des Landgerichts Offenburg ausgewirkt hat. Somit handelt es sich um eine nur kurzfristige und unvorhersehbare personelle Überlastung des Landgerichts, die der Senat als wichtigen Grund im Sinne des § 121 StPO anerkennt, zumal die durch sie bedingte Verfahrensverzögerung auf etwa vier Wochen begrenzt ist."
Nun stellt sich uns die Frage, wie wir eigentlich das Bundesverfassungsgericht zu verstehen haben. Hieß es da nicht, dass Verzögerungen des Verfahrens, die in der Sphäre der Justiz liegen, das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 121 I StPO ausschließen? Wer es genauer wissen möchte, der sollte nochmal nachlesen: BVerfG 2. Senat 3. Kammer in NJW 2006 Seite 672 zum Thema überlange Untersuchungshaft...vielleicht ist das ja in Vergessenheit geraten...


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