Donnerstag, 29. Mai 2014

Mitteilungspflicht bei Verständigungsgespräch über Haftverschonung

BGH, Beschl. v. 3.12.2013 − 2 StR 410/13 (LG Köln)

Sachverhalt:

Das Landgericht Köln hat die Angeklagte wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen.
 
Die Verteidigung legte das Rechtsmittel der Revision ein, mit Erfolg.
 
Vorgeschichte:

Nach Verlesung der Anklagschrift in der Hauptverhandlung wies das Gericht die Angeklagte darauf hin, dass es ihr freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Die Verteidiger baten ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls sodann um Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Führung eines Rechtsgesprächs. Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft stimmte zu. Die Hauptverhandlung wurde anschließend unterbrochen.

Der Vorsitzende gab dann nach Widereintritt in die Hauptverhandlung den wesentlichen Inhalt des Rechtsgesprächs zwischen Verteidigern, der Vertreterin der StA und der Kammer wie folgt bekannt:

„Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert, insbesondere wurde seitens der Verteidiger die Frage angesprochen, ob im Falle einer geständigen Einlassung eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls darstellbar erschiene. Eine Haftverschonung wurde im Fall einer geständigen Einlassung seitens der Kammer als nicht ausgeschlossen angesehen. Ansonsten hat eine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO nicht stattgefunden.“

Nach Vernehmung der Zeugen wurde die Beweisaufnahme geschlossen und die Angeklagte verurteilt. Das Protokoll beinhaltet den Hinweis darauf, dass eine Verständigung nicht stattgefunden hat. Der Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt. Die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde gegen die Tatsache ein, dass der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wurde.

Beschluss des BGH:

Die Fortdauer der Untersuchungshaft nach Urteilsverkündung kann tauglicher Gegenstand einer Verständigung sein. Hierauf bezogene Erörterungen der Verfahrensbeteiligten unterliegen ungeachtet ihres Ausgangs der Mitteilungs- und Dokumentationspflicht nach § 243 StPO, § 243 Absatz 4 StPO, § 273 StPO, § 273 Absatz 1 a StPO. Darzulegen ist nicht allein der Ausgang der Gespräche, sondern auch, von wem die Initiative hierzu ausgegangen ist, welche Standpunkte die einzelnen Gesprächsteilnehmer vertreten haben und ob diese auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen sind.

Fazit:

Die Verteidigung sollte die Gelegenheit nutzen, im Rahmen von Gesprächen über eine Haftverschonung gewisse Parameter abzustecken. Eine Protokollierung dessen ist zwingende Voraussetzung und eröffnet gegebenenfalls Möglichkeiten im der Revision.

Pohl und Marx Rechtsanwälte
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