Dienstag, 27. Mai 2014

Revision: Mitteilungspflicht des Gerichts bei Gesprächen über eine Verfahrenseinstellung nach §§ 153, 153 a StPO als obligatorische Negativmitteilung notwendig?

Besprechung: Kammergericht Berlin, Beschluss v. 10.1.2014 − (2) 161 Ss 132/13 (47/13), (nachzulesen in NStZ 2014, 293)

Bei dem Rechtsmittel der Revision im Strafrecht gibt es zahlreiche Themenkomplexe zu berücksichtigen. Besondere Bedeutung hat in der Vergangenheit das Thema "Verfahrensabsprachen und deren Dokumentationspflicht" erlangt. Hier kommen Strafverteidiger auf Ihre Kosten, die sich im Hinblick auf vermeinttliche Absprachen mit dem Gericht in den schier undurchdringlichen Wald an zwingenden Voraussetzungen begeben und dort ihr Glück probieren.

Der Grundgedanke dahinter:

In der alten Fassung lautete der § 243 Absatz 4 Satz 1 StPO wie folgt:
...

(4) Sodann wird er Angeklagte darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen....

Nunmehr lautet der § 243 Absatz4 Satz 1 StPO:
...

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

Sachverhalt:

Es ergeht ein Urteil in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Berlin, der Angeklagte legt Revision zum Kammergericht ein. Grund: es habe Gespräche über eine mögliche (komplette) Verfahrenseinstellung gegeben. Die Vorsitzende hat es aber verfahrensfehlerhaft unterlassen , die nach § 243 Abs. 4 StPO obligatorische Negativmitteilung zu machen und gemäß § 273 Abs. 1 a Satz 2 StPO zu protokollieren.

Beschluss des Kammergerichts:

Der Senat kann ein Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensfehler sicher ausschließen, weil es unstreitig keinerlei Gespräche im Hinblick auf ein Urteil oder das Urteil begleitende Beschlüsse gegeben hat, auf die die in § 257 c StPO kodifizierte Regelung primär zugeschnitten ist. Weiter heisst es:
Verfahrenseinstellungen nach den hier in Rede stehenden Vorschriften (§§ 153, 153 a, 154 StPO) sind jederzeit ‑ insbesondere auch außerhalb der öffentlichen Hauptverhandlung ‑ zulässig, ohne dass dies bislang Anlass geboten hätte, ernsthaft an der Verfassungsgemäßheit dieser Vorschriften zu zweifeln. Der Angekl. ist dadurch geschützt, dass die Beschlüsse entweder seiner ausdrücklichen Zustimmung bedürfen (§ 153, § 153 a StPO) oder aber er wird vom Gesetzgeber nicht für schutzbedürftig gehalten, weshalb es seiner Mitwirkung nicht bedarf (§ 154 StPO).
Fazit: 

Die obligatorische Negativmitteilung kann man im Hinblick auf Verfahrenseinstellungen  wohl getrost vernachlässigen, die Meinung des Kammergerichts ist eindeutig. Der Gedanke der Verteidigung in der Revision ist jedoch hervorzuheben, so ist die Transparenz in der Hauptverhandlung ein doch schutzwürdiger Aspekt.

Pohl und Marx Rechtsanwälte
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