Mittwoch, 2. Juli 2014

Abrechnung im Strafverfahren: Zunächst Einstellung nach § 170 II StPO, dann Fortsetzung der Ermittlungen, Freispruch in der Hauptverhandlung...

Kostenrecht ist lästig, muss aber sein. Gehen wir von folgendem Sachverhalt aus: 

Sachverhalt:

Zunächst wird das Verfahren gegen den Mandanten nach § 170 Absatz 2 StPO eingestellt. Jeder weiß, dass das Verfahren wieder aufgenommen werden kann - wird es dann auch, Anklage folgt. Nunmehr landen wir vor Gericht, Hauptverhandlung findet statt. Es erfolgt aber ein Freispruch - Mandant und Anwalt wollen sich die Kosten festsetzen lassen. Darf ich als Verteidiger in diesem Zusammenhang eine zusätzliche Gebühr nach 4141 VV-RVG abrechnen? Argument: Das vorbereitende Verfahren ist nicht nur vorläufig eingestellt worden. In 4141 VV-RVG heisst es:
„Die Gebühr entsteht, wenn
1. das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird…”
Was sagt der Rechtspfleger? Nun ja, er setzt die Gebühr ab. Die Einstellung sei nicht rechtskräftig geworden, eine Hauptverhandlung sei damit auch nicht vermieden worden. Eine solche Gebühr könne von daher tatbestandlich nicht anfallen.

Jetzt äußert sich - nach einer Erinnerung - das Amtsgericht Tiergarten wie folgt:
"Die Einstellung nach § 170 Absatz II StPO ist eine „nicht nur vorläufige” im Sinne der Nr. 4141 VV-RVG, denn aus Sicht der einstellenden Behörde solle sie endgültig sein. Dass sie letztlich keinen Bestand hatte, sondern die Ermittlungen fortgesetzt wurden, ist insoweit unerheblich."
AG Berlin-Tiergarten, Beschluss vom 26.2.2014 - (257 Ds) 261 Js 2796/12 (54/13)
Fazit:

Die Bezeichnung "Gebühren-Winkel-Anwalt" sollte man sich durchaus gefallen lassen. Schließlich geht es allein um die konsequente Umsetzung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Was auch noch spannend ist: Die zusätzliche Gebühr kann in einem solchen Fall sogar ein zweites Mal anfallen. Wenn im gerichtlichen Verfahren erneut eingestellt oder das Hauptverfahren nicht eröffnet wird.

Pohl & Marx Rechtsanwälte
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