Mittwoch, 2. Juli 2014

Führt eine Rechtsmittelbeschränkung automatisch zu einem Abschlag in der Strafzumessung?

Die Berufung im Strafverfahren hat so ihre Tücken. Als Strafverteidiger kann man durchaus der Versuchung unterliegen, eine Berufung auf den Rechtsfolgenauspruch zu begrenzen und mit einer "Geständnisfiktion" einen weiteren Abschlag in der Strafzumessung zu ergattern. Aber der Reihe nach. Gehen wir von folgendem Sachverhalt aus:

Sachverhalt:

Der Angeklagte beschränkt seine Berufung in einer Strafsache allein auf den Rechtsfolgenausspruch, d.h. er akzeptiert den Schuldspruch. Im Rahmen der Berufungshauptverhandlung könnte man darauf hoffen, dass nunmehr die Nichtanfechtung bzw. die nur beschränkte Anfechtung eines Urteils notwendigerweise erst bei einer erneuten Strafzumessung im Berufungsrechtszug Berücksichtigung finden kann. Hat man hier also eine rechtliche Lücke gefunden, die sich in der Regel immer positiv auf das Verfahren auswirkt?

OLG Jena, Beschl. v. 27.11.20131 Ss 89/13:

Der Beschluss vom OLG Jena setzt sich mit genau dieser Frage auseinander und stellt klar:
"Der bloße Umstand, dass der Angeklagte seine Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt (bzw. das Urteil selbst nicht angefochten) hat, darf im Rahmen der Strafzumessung nicht losgelöst von seinem sonstigen Prozess- und Einlassungsverhalten betrachtet und pauschal mit einem „umfassenden Geständnis“ gleichgesetzt werden."
Begründung:

Zunächst stellt der Senat fest: Richtig ist, dass ein Geständnis regelmäßig strafmildernd zu berücksichtigen ist, wobei dessen Gewichtung im Einzelfall allerdings von Zeitpunkt, Inhalt, ggf. daraus erkennbarer Unrechtseinsicht, aber auch der sonstigen Beweislage abhängt.

Für die Bewertung einer Rechtsfolgenbeschränkung kommt es maßgeblich darauf an, ob der Angeklagte sich auch inhaltlich zu der Tat bekennt. Inbesondere muss berücksichtigt werden, ob der Angeklagte bereits in erster Instanz geständig war – was in den Urteilsgründen mitzuteilen ist – oder ob er sich lediglich der Aussichtslosigkeit weiteren Leugnens bewusst geworden ist. Diese Vermutung liegt immer dann nahe, wenn überzeugende Gründe im erstinstanzlichen Urteil genannt werden.

Fazit:

Die Argumentation leutet ein, auch wenn manch ein Strafverteidiger es gerne anders sieht. Gerade im Hinblick auf die Systematik der Rechtsmittel käme es ansonsten zu inakzeptablen Ergebnissen: Der Angeklagte, der sich für eine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte (Sprung-)Revision entscheiden sollte, oder dem nur die Revision als statthaftes Rechtsmittel verbleibt, könnte zwangsläufig - wegen des dort beschränkten Prüfungsumfanges - nicht auf eine entsprechende strafmildernde Wirkung seiner Rechtsmittelbeschränkung hoffen.

Pohl & Marx Rechtsanwälte
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