Freitag, 16. November 2012

Das Recht auf Akteneinsicht bei nicht vollstreckten Haftbefehl

Das Recht auf Akteneinsicht bei einem nicht vollstreckten Haftbefehl - schlechte Karten für den Strafverteidiger

Das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 26.04.2012 - 2 Ws 312/12) hat es den Anwälten klar und deutlich formuliert:

Sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen und ein bestehender Ergreifungshaftbefehl gegen den untergetauchten Beschuldigten ist noch nicht vollzogen, so hat der Verteidiger weder Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht noch auf Mitteilung des Haftbefehls.

Eine klare Ansage, deren Begründung wir in einem kurzen Überblick auf den Zahn fühlen wollen:

Zunächst hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 11.07.1994 entschieden, dass aus dem Recht des Beschuldigten auf ein faires Verfahren der Anspruch des inhaftierten Beschuldigten auf Einsicht seines Verteidigers in die Ermittlungsakte folgt, wenn und soweit er die darin befindlichen Informationen benötigt, um auf die gerichtliche Entscheidung effektiv einwirken zu können.

Nach einer späteren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1998 gilt dies jedoch nicht, wenn ein Haftbefehl zwar erlassen, aber nicht vollzogen ist.

Das Bundesverfassungsgericht führt in seiner Entscheidung dazu aus, dass ein vorläufig gegenüber dem Beschuldigten "verdecktes Ermittlungswissen" der Strafverfolgungsbehörden wegen des Auftrags des Strafverfahrens, den Sachverhalt zu erforschen und die Wahrheit zu finden, verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Der bloße Erlass des Strafbefehls gegenüber einem flüchtigen Beschuldigten beschwere diesen zwar ohne Zweifel. Dem Informationsinteresse des Betroffenen stehe jedoch § 115 Absatz 3 StPO zur Seite. Diese Norm regelt, dass der Beschuldigte im Rahmen der Vorführung vor dem zuständigen Haftrichter nach Ergreifung aufgrund des Haftbefehls auf die ihn belastenden Umstände hinzuweisen ist, sich zu der Beschuldigung zu äußern odre von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Dabei wird dem Beschuldigten ja gerade die Möglichkeit gegeben, Verdachts- und Haftgründe zu entkräften und Umstände geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen.

Rechtsanwalt Jan Marx
Pohl und Marx Rechtsanwälte

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